Neuwahlen in Österreich? FPÖ-Minister gehen
08.09.2002, 08:53 UhrDie Vorsitzende der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und österreichische Vizekanzlerin, Susanne Riess-Passer, ist am Sonntagabend gemeinsam mit dem ebenfalls aus der FPÖ stammenden Finanzminister Karl-Heinz Grasser zurückgetreten.
„Wir legen unsere Funktion in der Bundesregierung und der Freiheitlichen Partei zurück“, erklärte Riess-Passer in Wien. „Ich muss das Misstrauensvotum von wesentlichen Teilen meiner Partei zur Kenntnis nehmen“, begründete sie ihren Schritt. Sie habe in ihrer Partei keine Rückendeckung mehr besessen.
Gemeinsam mit den beiden Ministern gab auch der FPÖ-Fraktionsvorsitzende Peter Westenthaler im Parlament seinen Rücktritt bekannt. Die FPÖ rechnet nach den Rücktritten nach Darstellung hoher Parteikreise mit der Auflösung des Nationalrates am 19. September und vorzeitigen Neuwahl noch im November. Vom österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel von der Volkspartei (ÖVP) lag zunächst noch keine Stellungnahme vor.
Der Rücktritt der 41-jährigen Vizekanzlerin, des Fraktionsvorsitzenden und des 34 Jahre alten Finanzministers ist die Reaktion auf die Niederlage der drei Politiker gegen den Kärntener Landeshauptmann Jörg Haider im wochenlangen innerparteilichen Machtkampf.
Seit dem Nachmittag hatte die FPÖ-Spitze beraten. Am Samstag hatte in Knittelfeld in der Steiermark ein Stratgietreffen stattgefunden. Danach war bekannt geworden, dass die Anhänger des Kärntener Landeshauptmannes (Ministerpräsidenten) Jörg Haider auf dessen Drängen bereit seien, die Frage einer Steuerreform mit der Entlastung kleiner Einkommen zurückzustellen und auf einen Sonderparteitag in dieser Frage zu verzichten.
Die Frage einer Steuerreform, die von der Regierung aus FPÖ und Schüssels Volkspartei (ÖVP) wegen des Jahrhunderthochwassers abgelehnt wird, solle bis zum Jahresende von einer Kommission beraten werden, hieß es von dem Treffen der Haider-Anhänger weiter.
Die in Knittelfeld versammelten rund 400 FPÖ-Funktionäre hatten im Sinne Haiders einen Sonderparteitag beantragt. Haider hatte dann aber in einem Schwenk auf ein solches außerplanmäßiges Treffen verzichtet und von der FPÖ-Spitze Zugeständnisse bei der Steuerreform und dem Verzicht auf den Kauf von 18 modernen Abfangjägern verlangt.
Die seit Januar 2000 amtierende Regierung hat in jüngsten Umfragen keine Mehrheit mehr. Während die ÖVP stabil bei 29 Prozent liegt, ist die FPÖ, die 1999 mit 27,2 Prozent zweitstärkste Partei geworden war, auf unter 20 Prozent zurückgefallen. Nächster regulärer Wahltermin wäre der Oktober 2003.
Quelle: ntv.de