Plutonium als Schlüsselfrage Fabius lässt Verhandlungen mit Iran platzen
10.11.2013, 10:02 Uhr
Laurent Fabius verlässt das Genfer Hotel, in dem zuvor verhandelt worden war. In zehn Tagen geht das Tauziehen weiter.
(Foto: REUTERS)
Die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm scheitern an der inneren Uneinigkeit der westlichen Länder. Frankreichs Außenminister Fabius will sich mit einer Notlösung nicht zufrieden geben. Es geht um den zweiten Weg des Iran zur Bombe.
Nach drei Tagen intensiver Verhandlungen in Genf sind die Gespräche über das iranische Atomprogramm ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Von einem Scheitern wollten die beteiligten sechs Länder nicht sprechen. Am 20. November sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden.
"Wir sind nach Genf gekommen, um die Differenzen zwischen uns schmaler zu machen", sagte US-Außenminister John Kerry, der sich am Freitag persönlich in die Gespräche eingeschaltet hatte, "und ich kann Ihnen versichern, dass wir wichtige Fortschritte erzielt haben." Es brauche allerdings Zeit, um Vertrauen zwischen Länder aufzubauen, "die für eine lange Zeit im Konflikt standen".
Mit dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hatten Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats sowie Deutschlands verhandelt; die Gruppe firmiert unter der Abkürzung P5+1. Deutschland war seit Freitag durch den amtierenden Außenminister Guido Westerwelle vertreten, Frankreich und Großbritannien schickten ebenfalls ihre Außenminister.
Fabius sorgt für Ärger
Nachdem am Samstag auch der russische Außenminister Sergej Lawrow und der chinesische Vize-Außenminister Li Baodong zu den Verhandlungen gestoßen waren, sah es danach aus, als würde zumindest eine provisorische Lösung gefunden. Dass es dazu nicht kam, lag vor allem am französischen Außenminister Laurent Fabius. Er sagte: "Die Genfer Verhandlungen haben Fortschritte ermöglicht. Aber wir haben keinen Abschluss finden können, weil es noch offene Fragen gibt."
Alle Beteiligten vermieden Vorwürfe an die andere Seite. "Es war klar, als wir mit den Details anfingen, dass es unterschiedliche Ansichten geben könnte", sagte Sarif. "Aber wir arbeiten zusammen, und hoffentlich können wir eine Vereinbarung erzielen, wenn wir uns wieder treffen. Wonach wir gesucht haben, war politischer Wille und Entschlossenheit, um diese Phase zu beenden und in die Endphase (der Verhandlungen) zu kommen. Ich glaube, wir sind alle auf der gleichen Wellenlänge."
Auf die Frage nach dem französischen Einfluss sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, alle Länder hätten eine wichtige Rolle in den Verhandlungen gespielt. Berichten zufolge waren Diplomaten anderer Länder jedoch wütend auf Fabius, dem sie vorwarfen, nach seinem Eintreffen in Genf aus der Reihe getanzt zu sein, indem er Einzelheiten der Verhandlungen ausgeplaudert hatte.
P5+1 brauchten viel Zeit für interne Gespräche
Am Samstagmorgen hatte Fabius einem französischen Radiosender gesagt, es liege ein Entwurf für ein Abkommen vor, dem Frankreich jedoch nicht zustimmen könne. "Es gibt einen ersten Text, den wir nicht akzeptieren", so Fabius. Es gebe "keinerlei Sicherheit", dass ein Abkommen zustande komme.
Nach Angaben aus Delegationskreisen lag eine Übergangslösung auf dem Verhandlungstisch, nach der Teheran sein Atomprogramm zunächst aussetzen sollte. Im Gegenzug sollen einige der gegen das Land verhängten Wirtschaftssanktionen aufgeweicht oder auf ausländischen Bankkonten blockierte Gelder aus Öleinnahmen freigegeben werden. In einem zweiten Schritt sollte dann über ein umfassenderes Abkommen verhandelt werden. Dieses soll sicherstellen, dass der Iran nicht an Nuklearwaffen arbeitet.
Offiziell wollte der iranische Außenminister den Streit unter seinen Gesprächspartnern nicht kommentieren. Sarif wies jedoch darauf hin, dass "ziemlich viel Zeit mit Verhandlungen innerhalb der P5+1-Gruppe" verbracht worden sei. "Das ist normal, denn es sind sechs Nationen mit unterschiedlichen Ansichten und ihren eigenen nationalen Interessen, und sie müssen untereinander einig werden." Wenn die P5+1 soweit seien, "sind wir bereit, eine Lösung zu finden".
Arak würde zweiten Weg zur Bombe eröffnen
Fabius sagte, eine der Schlüsselfragen sei der Schwerwasserreaktor in Arak, der im kommenden Jahr fertig gestellt werden soll. Ursprünglich hatten die westlichen Länder gefordert, dass der Iran die Bauarbeiten als Zeichen des guten Willens unterbricht, bevor eine Gesamtlösung gefunden wird. In Schwerwasserreaktoren fällt Plutonium an, das für die Herstellung von Atombomben verwendet werden kann. Neben hoch angereichertem Uran, das der Iran wohl jetzt schon herstellen kann, würde der Reaktor in Arak dem Land daher einen zweiten Weg zu Nuklearwaffen eröffnen.
Die Begründungen des Iran, warum es den Reaktor in Arak brauche, haben den Westen bislang nicht überzeugt. Dem Westen wäre es am liebsten, der Iran würde sein Spaltmaterial ausschließlich aus dem Ausland beziehen.
Das lehnt der Iran jedoch ab. Nach dem Ende der Verhandlungen in Genf betonte Irans Präsident Hassan Ruhani im Parlament in Teheran, sein Land werde nicht auf das Recht zur Anreicherung von Uran verzichten. Das Recht auf diese Technologie gehöre zu den nationalen Interessen und sei damit die "rote Linie", die der Iran in den Verhandlungen nicht überschreiten werde.
Quelle: ntv.de, mit dpa