Politik

Klage von n-tv Filmverbot in Gerichtssälen bleibt

Fernsehübertragungen von Gerichtsverhandlungen bleiben nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verboten. Der 1. Senat des BVerfG wies in seinem Urteil die Verfassungsbeschwerde von n-tv zurück.

Das im Gerichtsverfassungsgesetz bestimmte allgemeine Verbot von Ton- und Filmaufnahmen von Gerichtsverhandlungen sei mit dem Grundgesetz vereinbar, so die Richter. Bei Fernsehübertragungen bestünde die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verfahrensbeteiligten sowie das Risiko einer wirklichkeitsverzerrenden Darstellung in den Medien, hieß es im Urteil.

Weiter hieß es, die im Grundgesetz geschützte Rundfunk- und Informationsfreiheit gebiete nicht, in den grundsätzlich öffentlichen Verhandlungen auch Filmaufnahmen zuzulassen. Das Urteil war im 1. Senat umstritten. Drei der acht Richterinnen und Richter sprachen sich in einem Sondervotum dafür aus, in bestimmten Verfahren das Filmverbot zu lockern. Sie konnten sich jedoch nicht durchsetzen.

Der n-tv-Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Ulrich Kuhlo forderte die Bundesregierung auf, die Rechtslage zu überprüfen und künftig Ausnahmen vom Drehverbot zuzulassen. Der Vertreter des Bundesjustizministeriums, Hans-Peter Schmieszek, sagte, konkrete Pläne gebe es derzeit nicht, doch ließe "sich darüber nachdenken". Der Vertreter des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Hans-Jörg Lieberoth-Leden, zeigte sich gesprächsbereit.

n-tv hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil es das seit 1964 bestehende gesetzliche Drehverbot für zu weit reichend hält und darin eine Verletzung der Informations- und Rundfunkfreiheit sieht.

In deutschen Gerichtssälen sind Fernsehaufnahmen nur vor und nach der Verhandlung sowie in den Verhandlungspausen erlaubt. Eine Ausnahmeregelung gilt seit 1998 für Übertragungen von Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts. Gegner einer Öffnung der Gerichtssäle für Kameras und Mikrofone fürchten eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes.

Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe im vergangenen November hatte sich n-tv auf die Informations- und Rundfunkfreiheit berufen. Das Fernsehen werde durch das Verbot, Bilder im Gerichtssaal aufzunehmen, gegenüber Presse und Internetmedien schlechter gestellt. Zudem könne das Fernsehen in zeitgeschichtlich bedeutenden Prozessen - etwa in einem NPD-Parteiverbotsverfahren - der breiten Öffentlichkeit verdeutlichen, "wie der Rechtsstaat funktioniert".

n-tv hatte 1995 im Politbüroprozess und 1999 in der Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts um die bayerischen Schulkruzifixe vergeblich versucht, eine Dreherlaubnis durchzusetzen. Die Bundesregierung sowie Vertreter der Richter- und Anwaltschaft halten allenfalls eine vorsichtige Öffnung der Gerichtssäle für Kameras und Mikrofone für erlaubt und hinnehmbar. In Familienrechts- oder Strafverfahren dagegen überwiege der Schutz der Persönlichkeitsrechte, so dass TV-Aufnahmen dort ausgeschlossen bleiben müssten.

Die Bundesrechtsanwaltskammer hatte in Karlsruhe mit Blick auf die USA vor einem "Übermaß an Öffentlichkeit" in Prozessen und der "Suggestionskraft der bewegten Bilder" gewarnt. Der Mordprozess gegen den früheren Footballstar O.J. Simpson sei ein Zerrbild einer solchen Entwicklung gewesen. Durch die drohende TV-Öffentlichkeit könnten mögliche Kläger davor zurückschrecken, vor Gericht zu ziehen. Ausnahmeregelungen etwa in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden für denkbar gehalten. Bereits seit zwei Jahren dürfen auf Grund einer Sonderregelung Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts live im Fernsehen übertragen werden.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen