"Kein Sperenzchen der SPD" Fleischindustrie für Mindestlohn
28.06.2007, 12:21 UhrDie Fleischindustrie dringt zum Schutz vor osteuropäischer Konkurrenz auf einen gesetzlichen Mindestlohn. Weil die Tarifbindung in der Branche nicht hoch genug sei, könne sie nicht in das Entsendegesetz aufgenommen werden, sagte Josef Tillmann vom Verband der Fleischwirtschaft. Deshalb müsse der Gesetzgeber eine flächendeckende Lohnuntergrenze festschreiben, die einen fairen Wettbewerb ermögliche. Der Fachgewerkschaft NGG zufolge arbeiten in den Schlachtbetrieben mittlerweile tausende Menschen aus neuen EU-Ländern wie Rumänien zu erheblich niedrigeren Löhnen.
Ein Aktionsbündnis gegen illegale Beschäftigung zwischen der Branche und dem für den Zoll zuständigen Bundesfinanzministerium soll zudem helfen, die Schwarzarbeit zu bekämpfen. So sollen die Betriebe auch außerhalb üblicher Arbeitszeiten und an den Wochenenden kontrolliert werden. Finanzminister Peer Steinbrück sagte bei der Vorstellung des Bündnisses, der Ruf nach einem gesetzlichen Mindestlohn aus der Branche zeige, dass dieser "kein Sperenzchen der SPD" oder der Gewerkschaften sei.
Für Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern gilt zwar noch keine Freizügigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Allerdings dürfen etwa rumänische Betriebe ihre Dienste in Deutschland anbieten und ihre Arbeitnehmer dabei mitnehmen. Die Branche ist traditionell von Einzelunternehmern geprägt, die saisonal in den Betrieben arbeiten. Eine Kontrolle, ob es sich tatsächlich um entsandte EU-Ausländer handelt, scheitert nach Angaben der Behörden häufig an mangelnder Hilfe der Herkunftsländer.
Mit Blick auf einen Mindestlohn sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg: "Wo das Tarifvertragssystem schwächelt, muss der Gesetzgeber handeln." Tillmann sagte, eine Untergrenze für alle würde helfen, "dass wir aus der Ecke der Illegalität und der Unterbezahlung herauskommen". Dabei sitzt die Branche allerdings zwischen den Stühlen, denn die Koalition hatte sich nicht auf die Schaffung eines gesetzlichen Mindestlohnes einigen können. Der alternative Weg, die Fleischwirtschaft in das Entsendegesetz aufzunehmen, scheitert daran, dass ein Tarifvertrag fehlt, der auch für nicht tarifgebundene Firmen als verbindlich erklärt werden könnte.
Quelle: ntv.de