Politik

"Wer sich zu nah an die Familie bindet, geht unter" Flüchtlinge berichten vom Alltag in Nordkorea

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Kaum eine Information dringt über die Lage der nordkoreanischen Bevölkerung ins Ausland. n-tv Korrespondentin Pia Schrörs trifft sich deshalb mit Flüchtlingen aus dem Land und fährt selbst dorthin, um sich ein Bild von dem Leben in der Isolation zu machen.

Hwang Mi-ra und Kim Young Wook sieht man nicht an, was sie in ihren vergleichsweise wenigen Lebensjahren bereits alles durchgemacht haben. Sie sahen den Tod, erlebten Folter, Verrat und Hunger. Das Elend ihrer Vergangenheit versuchen sie in ihrem Alltag tief zu vergraben hinter ihren freundlichen Gesichtern. Hwang und Kim sind nordkoreanische Flüchtlinge, die einst nach monatelanger Odyssee durch Ostasien den Süden der koreanischen Halbinsel erreichten und ein neues Leben begannen.

Hwang Mi-ra (r.) im Gespräch mit n-tv Korrespondentin Schrörs.

Hwang Mi-ra (r.) im Gespräch mit n-tv Korrespondentin Schrörs.

Doch es gibt Augenblicke, in denen man ihnen bei den langen Gesprächen mit n-tv Korrespondentin Pia Schrörs ansieht, welche Spuren ihr Überlebenskampf und der Verlust der Familien hinterlassen haben. Dann suchen ihre Augen nach Halt, und der Zuschauer spürt, wie sich der Schmerz in ihr Bewusstsein drängt.

Die 27-jährige Frau und der 22-jährige Student berichten in der Dokumentation "Der Feind vor meiner Tür" aus dem Alltag in der totalitären Diktatur. Der Film liefert jedoch auch exklusive Bilder aus Nordkorea selbst, die während der jüngsten Reise der Korrespondentin in das abgeschottete Land entstanden sind. Sie zeigen interessante Perspektiven der nordkoreanischen Normalität, wie sie sonst das Land eigentlich nicht verlassen dürfen. Dem Team gelang es jedoch, ohne Vorgaben der staatlichen Propaganda Menschen in Pjöngjang und anderswo zu drehen. Sie hinterlassen spannende Eindrücke vom Leben der Bürger in der Isolation.

Mit Galgenhumor durch den Alltag

Die Flüchtlinge Hwang und Kim erinnern sich, wie sie schon im Kindergarten und der Schule mit Hasspropaganda gegen den Süden und die USA überzogen wurden. Damit liefern sie den Gegenentwurf des Nordens zum dauerhaften Gefühl der Bedrohung, mit dem die Menschen im Süden konfrontiert werden. Dort sieht man sich seit mehr als 60 Jahren der Kriegsrhetorik aus Pjöngjang ausgesetzt. Noch immer befinden sich die Bruderstaaten offiziell im Kriegszustand. Die Dokumentation begibt sich auf die Spur dieser Bedrohung. Sie erzählt aus der Hauptstadt Seoul von Familien, die Normalität pflegen, wenn der nur wenige Kilometer entfernte Nachbarstaat mit Atomangriff droht, und von jungen Leuten, die trotzdem ausgelassen Party machen, während die Welt um die Sicherheit der Region bangt. Sie erzählt auch von den Menschen, die unmittelbar an der Grenze leben und die mit Galgenhumor ihre Lebenssituation bewältigen.

In nur 23 Minuten gelingt es dem Film, historische Hintergründe, aktuelle Bezüge und vor allem die menschliche Perspektive auf den immer wieder aufflammenden Konflikt zwischen Nord und Süd von beiden Seiten zu beleuchten. Schrörs lässt die Koreaner sprechen und erklären, wie es ist, ein Spielball der Weltpolitik zu sein, statt selbst darüber zu urteilen. Der Film entwickelt in kürzester Zeit eine authentische Nähe zu den Protagonisten, die dem Zuschauer einen schnellen Zugang zum Thema ermöglicht und ihm hilft, die die Dynamik des Konflikts besser zu verstehen.

Quelle: ntv.de

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