Politik

Sterblichkeit wegen Dürre enorm Flüchtlinge überrennen Äthiopien

Vor allem Kinder leiden unter der Dürrekatastrophe - und unter der Gewalt in Somalia.

Vor allem Kinder leiden unter der Dürrekatastrophe - und unter der Gewalt in Somalia.

(Foto: AP)

Tausende Menschen verlassen wegen der verheerenden Dürrekatastrophe täglich Somalia. Wenn sie überleben, erreichen sie eines der äthiopischen oder kenianischen Flüchtlingslager. Dort ist die Lage katastrophal. Die Sterblichkeit, vor allem bei Kindern, ist nach UN-Angaben enorm. Neu errichtete Lager sind innerhalb von Tagen überfüllt.

In Äthiopien ist auch ein drittes, erst vor wenigen Wochen eröffnetes Flüchtlingslager für die Dürre-Opfer aus Somalia bereits voll. Mit fast 25.000 Menschen sei das Lager Kobe seit vergangenem Samstag voll ausgelastet, sagte UNHCR-Koordinator Jo Hegenauer bei einem Besuch in der Region. "Ein weiteres Camp ist schon in Vorbereitung", betonte er. Die Sterblichkeitsrate in den Zentren an der somalischen Grenze sei extrem hoch, hieß es, "besonders bei Kleinkindern".

Nach UN-Schätzungen fliehen rund 4000 Menschen täglich aus Somalia, um Gewalt und Hunger zu entgehen. Doch viele Menschen sind so schwach, dass etwa die Todesrate bei den Ankömmlingen um ein Mehrfaches höher ist als in anderen von den UN betreuten Notfalleinsätzen. "Somalia hat die gefährliche Mischung aus Trockenheit und Gewalt", erklärte der beim UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR für die Region Horn von Afrika zuständige Experte Raouf Mazou in Genf. Die Menschen brauchten neben Nahrung und ärztlicher Hilfe auch Asyl. Äthiopien und Kenia hielten ihre Grenzen dazu beispielhaft offen.

Erstversorgung mit Vitaminen und Mineralien

Ein Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) sagte, erst vor wenigen Tagen sei mitten in Kobe ein Friedhof entdeckt worden, auf dem die Flüchtlinge offenbar ihre verstorbenen Familienangehörigen beigesetzt hätten. "Die ankommenden Menschen sagen uns immer wieder, dass sie großen Hunger haben", erklärte Hegenauer. Das WFP verteilt als Erstversorgung unter anderem mit Vitaminen und Mineralien angereicherte Lebensmittel, während "Ärzte ohne Grenzen" die unterernährten Kinder medizinisch versorgt.

Täglich fliehen Tausende Menschen aus Somalia.

Täglich fliehen Tausende Menschen aus Somalia.

(Foto: REUTERS)

Die Sterblichkeit unter den somalischen Flüchtlingen ist nach UN-Angaben deutlich höher als sonst in Krisen. Im Lager Dolo Ado seien im Juni im Schnitt täglich 7,4 pro 10.000 Menschen gestorben, sagte der Leiter der UNHCR-Abteilung für öffentliche Gesundheit, Paul Spiegel, in Genf. Die Lage dort sei furchtbar. Die Zahl liege deutlich über der normalen Sterblichkeitsrate in Sub-Sahara-Afrika von 0,5 und der Sterblichkeitsrate in Krisenzeiten von 1,0. Nach UN-Kriterien herrscht eine Hungersnot, wenn die Sterblichkeitsrate über die Grenze von zwei Toten pro 10.000 Menschen am Tag steigt und wenn 30 Prozent der Bevölkerung einer Region von den Folgen der Hungersnot betroffen sind.

"Es ist überwältigend, wie stark das Camp in kurzer Zeit gewachsen ist", meinte WFP-Sprecherin Judith Schuler. Dennoch habe der Andrang verzweifelter Menschen in den vergangenen Tagen nachgelassen, so Hegenauer. Die Gründe hierfür sind aber nicht klar, da die Dürre am Horn von Afrika unvermindert anhält. "Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Al-Shabab-Miliz in Somalia jetzt erstmals seit Jahren wieder Hilfslieferungen direkt im Land zulässt", erklärten UN-Mitarbeiter.

Hälfte der Kinder ist unterernährt

Insgesamt leben derzeit über 112.000 Menschen in den drei äthiopischen Camps in der Region Dolo Ado. Die meisten von ihnen sind Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren. Die Hälfte der Kinder sei unterernährt, hieß es. Wie ihre Zukunft aussieht, ist ungewiss: "Die internationale Gemeinschaft wird irgendwann über ihr Schicksal entscheiden, aber traditionell bleiben die Somalier sehr lange in den Flüchtlingscamps", sagte Hegenauer.

In Somalia selbst ist die Lage verheerend.

In Somalia selbst ist die Lage verheerend.

(Foto: AP)

"Wenn ich hier etwas zu essen bekomme, dann bleibe ich", meinte die 19-jährige Mariam Gamele kurz nach ihrer Registrierung. Sie war fünf Tage und Nächte lang zu Fuß nach Dolo Ado unterwegs.

Das Horn von Afrika leidet derzeit unter der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren. Betroffen ist vor allem das Bürgerkriegsland Somalia. Viele Menschen haben ihr gesamtes Vieh und ihre Ernte verloren und machen sich auf der Suche nach Hilfe meist zu Fuß oder per Lastwagen auf, um die Camps in den Nachbarländern Äthiopien und Kenia zu erreichen. Diese Länder sind von der Dürre ebenso betroffen wie Dschibuti und Uganda.

"Die Brunnen in den Dörfern sind versiegt, die Vorräte sind aufgebraucht und die Tiere sterben", berichten Helfer in einer Mitteilung der kirchlichen Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas international. "Die Trockenheit zerstört alles." In Ostafrika insgesamt sind dem Bündnis "Deutschland hilft" zufolge elf Millionen Menschen auf der Flucht vor Dürre, Hunger und Bürgerkrieg.

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Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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