Berlusconi entgleist wieder "Flüchtlingslager wie KZ"
20.05.2009, 15:03 UhrDer italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi zeigt sich gerne als Mann der klaren Worte. Diesmal hat er sich wieder weit vorgewagt und die Immigrantenzentren seines Landes mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern verglichen. Seine Schlussfolgerung daraus: Es sei humaner, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer abzufangen und nach Libyen zu bringen.
"Ich glaube, es ist viel einfacher, die individuelle Situation im Herkunftsland zu prüfen", sagte Berlusconi. "Andernfalls kommen sie hierher und landen in einem Lager, das - ich sollte das nicht sagen - einem Konzentrationslager sehr ähnlich ist." Berlusconi machte die Bemerkung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der Respekt für die Rechte der Asylsuchenden einforderte.
Trotz der Proteste von Menschenrechtlern und der Vereinten Nationen hält Italien seit Wochen an seiner verschärften Abschiebepraxis fest. Seit seinem Regierungsantritt vor einem Jahr hat der rechts-konservative Berlusconi das Vorgehen gegen illegale Einwanderung verschärft. Hilfsorganisationen haben wiederholt die Zustände in den italienischen Auffanglagern für afrikanische Flüchtlinge kritisiert. Die Zentren sind demnach notorisch überfüllt, leiden unter miserablen hygienischen Bedingungen und es kam demnach in einigen Fällen auch zu Misshandlungen durch Polizisten.
Eine kleine Auswahl "flotter" Sprüche
Mit seinen Sprüchen sorgt Berlusconi immer häufiger für sprachloses Staunen im In- und Ausland. Wir wollen Ihnen eine kleine Auswahl dessen, was vor dem KZ-Vergleich zu hören war, nicht vorenthalten:
8. April: Beim Besuch in dem von dem Erdbeben mit fast 300 Toten schwer zerstörten Ort L'Aquila empfiehlt Berlusconi den in provisorischen Zeltlagern lebenden Obdachlosen, ihre Lage "wie ein Campingwochende" zu nehmen. Den Menschen fehle es an nichts, sie hätten warmes Essen und medizinische Versorgung, fügt er hinzu.
4. April: Mit dem Handy am Ohr steigt Berlusconi beim NATO-Gipfel in Kehl aus der Limousine. Doch statt den Weg über den roten Teppich zur Begrüßung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel anzutreten, führt er das Gespräch in aller Seelenruhe am Rheinufer fort und dreht der Kanzlerin den Rücken zu. Später sagt Berlusconi entschuldigend, er habe mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan telefoniert, um im Streit um die Besetzung des NATO-Chefpostens zu vermitteln.
1. April: Während eines Besuchs der Teilnehmer des G-20-Gipfels bei Königin Elizabeth II. ruft der Italiener lauthals nach "Mister Obama". "Warum muss er schreien?", fragte die Queen. Der Buckingham Palace dementiert jedoch später, dass Berlusconis Auftreten die Monarchin verärgert habe.
November 2008: Einen schweren Fauxpas leistet sich Berlusconi, als er den künftigen schwarzen US-Präsidenten Barack Obama als "jung, hübsch und gebräunt" bezeichnet. Trotz heftiger Kritik setzt er später noch eins drauf und sagt: "Wir wären gerne alle so gebräunt wie (Model) Naomi Campbell und Obama."
Januar 2007: Berlusconi outet sich als heimlicher Verehrer seiner Parteifreundin Mara Carfagna, einer Ex-Miss-Italien-Kandidatin. "Wenn ich nicht schon verheiratet wäre, würde ich sie sofort heiraten", verkündet er im Fernsehen - was seine Ehefrau Veronica Lario gar nicht lustig findet. Wegen Berlusconis Schwäche für schöne Frauen will sie mittlerweile die Scheidung.
März 2006: Berlusconi zieht sich den Zorn der Chinesen zu, denn er sagt bei einer Wahlkampfveranstaltung, "dass sie in China zu Zeiten von Mao die Kinder nicht gegessen, sondern gekocht haben, um damit die Felder zu düngen".
Juni 2005: Berlusconi bekommt Ärger mit den Finnen für seinen Spruch, er habe bei einem Finnland-Besuch das dortige Essen "ertragen" müssen, auch lästert er über "geräuchertes finnisches Rentier" im Vergleich zu italienischem Schinken. Finnlands Präsidentin Tarja Halonen zeigt sich wenig amüsiert über Berlusconis Behauptung, er habe in einer Kontroverse mit ihr seinen "alten Playboy-Charme" hervorkramen müssen.
März 2005: Berlusconi bekommt Ärger mit den italienischen Homosexuellen, als er bei einem EU-Gipfel in Brüssel verkündet: "In Italien muss man heutzutage kommunistisch oder schwul sein, wenn man heiliggesprochen werden will."
Juli 2003: Berlusconi sorgt für einen Eklat im Europäischen Parlament, als er den deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz als Idealbesetzung für die Rolle eines KZ-Aufsehers vorschlägt. Später behauptet er, er habe nur seinen Humor unter Beweis stellen wollen.
Quelle: ntv.de, rts