Politik

Guten Flug! Fluglotsenstreik auf Eis

Das befürchtete Streikchaos an deutschen Flughäfen bleibt vorerst aus: In dem seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt der Flugsicherung soll nun ein Schlichter einen Kompromiss finden. Fluggäste müssen somit in den nächsten zwei bis drei Wochen keine Streiks der deutschen Fluglotsen befürchten. Den Vorsitz des Schiedsgerichts, das eine Lösung finden soll, übernimmt die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), wie die Deutsche Flugsicherung (DFS) am Montag mitteilte. Ein Streik hätte in ganz Europa zehntausende Fluggäste betroffen.

Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) nahm ihre Streikdrohung am Montag zurück, nachdem die DFS die Schlichtung offiziell angerufen hatte. Wird der Schlichterspruch von einer Seite nicht akzeptiert, wären aber doch noch Streiks möglich. "Die Streikpläne liegen auf Eis, werden aber aufrechterhalten für den Fall des Scheiterns", sagte der Tarifexperte der Gewerkschaft, Markus Siebers. Erste Gespräche in der Schlichtung erwarten beide Seiten in der nächsten Woche. Während der Schlichtung gilt eine Friedenspflicht.

Die Gewerkschaft hatte um 0.00 Uhr in der Nacht zum Montag dem Arbeitgeber ihre konkreten Vorhaben übermittelt. Diese Streikpläne verdeutlichten, dass die Gewerkschaft auch vor massiven Behinderungen des Luftverkehrs nicht zurückgeschreckt wäre. Demnach sollte zunächst ab Dienstag 0.00 Uhr der Flughafen Köln/Bonn lahmgelegt werden. Sechs Stunden später wären zudem die großen Drehkreuze Frankfurt und München für 24 Stunden weitgehend außer Betrieb gewesen, auch in Norddeutschland hätte es massive Einschränkungen gegeben. Lediglich ein Viertel der Flüge wären möglich gewesen, Ausnahmen hätte es für Notfälle und Rettungsflüge gegeben.

Die Gewerkschaft warf dem Arbeitgeber Tricks zur Verzögerung der Verhandlungen vor. Zudem habe der Arbeitgeber eine Neiddebatte in der Öffentlichkeit geschürt, indem er wiederholt auf das Jahresgehalt der Lotsen von knapp 100000 Euro brutto im Schnitt verwies. Die DFS warf der Gewerkschaft in einer Mitteilung vor, "mit allerlei Verdrehungen und falschen Vorwürfen das Klima nachhaltig vergiftet" zu haben.

Die Gewerkschaft der Flugsicherung war erst im Jahr 2003 als Spezialgewerkschaft gegründet worden. Vor Gericht setzte sie durch, dass die DFS mit ihr statt mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di über Tarife verhandeln muss. Die GdF hat gut 2900 Mitglieder. Bei der DFS arbeiten insgesamt etwa 5300 Menschen, davon gut 1800 Fluglotsen.

Im Tarifstreit bot der Arbeitgeber bislang bei zwölf Monaten Laufzeit drei Prozent mehr Geld und 1750 Euro Einmalzahlung. Die Gewerkschaft fordert vier Prozent, 3500 Euro Einmalzahlung und weitere Ausgleichszahlungen. Zudem will sie die Tarifstruktur ändern, um die Gehälter im Falle einer Privatisierung der DFS zu sichern. Nach Berechnung der Gewerkschaft hat ihre Forderung insgesamt ein Volumen von 65 bis 66 Millionen Euro für ein Jahr. "Das würde die DFS nicht in den Ruin treiben", sagte GdF-Tarifexperte Siebers. Der Jahresumsatz der Flugsicherung lag zuletzt bei rund 900 Millionen Euro, der Überschuss bei 18 Millionen Euro. Die Flugsicherung nannte die Forderung der Gewerkschaft am Montag erneut "exorbitant hoch".

Die Tarifverhandlungen waren schon im November von der Gewerkschaft für gescheitert erklärt worden. Danach setzte ein Tauziehen um die Frage ein, ob die formalen Voraussetzungen für einen legalen Streik überhaupt vorliegen oder ob die Gewerkschaft bei Streiks auf Schadenersatz verklagt werden könnte. Vergangene Woche waren die Arbeitgeber nach entsprechenden Forderungsänderungen der Gewerkschaft zu dem Ergebnis gekommen, dass Streiks inzwischen legal seien.
dpa rg/jb yyhe so
081742 Jan 07

Quelle: ntv.de

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