"Dienstleister der Futtermittelindustrie" Foodwatch greift Regierung an
13.01.2011, 08:39 UhrUm deutsches Fleisch wettbewerbsfähig auf den Weltmarkt zu bringen, muss billigstes Futter verwendet werden. So sieht es die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch und macht die Regierung wegen ihrer Subventionen für diese Entwicklung mitverantwortlich.
Im Dioxinskandal hat die Verbraucherorganisation Foodwatch die Bundesregierung scharf kritisiert. Die Regierung sei ein "Dienstleister der Futtermittelindustrie", der die Branche vor strikten Kontrollen schütze, sagte Foodwatch-Chef Thilo Bode der "Frankfurter Rundschau".
Die Regierung fördere seit 2010 mit Steuergeld den Export von Schweinefleisch. Damit deutsches Fleisch wettbewerbsfähig sei, müssten die Futtermittelkosten niedrig bleiben - was Skandalen wie dem aktuellen um die Dioxin-Belastung den Boden bereite, fügte Bode hinzu. Das Bundeslandwirtschaftsministerium vertrete die Interessen der Agrarindustrie, nicht die der Verbraucher, kritisierte er.
Absatz nicht mehr möglich

Der Futterhersteller, der mit seinen Machenschaften den Skandal auslöste, ist inzwischen insolvent.
(Foto: dpa)
Bode fügte hinzu, die Regierung sei nun "in ihre eigene Lobbyfalle" gegangen, denn "die Chinesen und die Südkoreaner wollen deutsche Dioxinschweine nicht mehr essen". Nach Seoul hatte am Mittwoch auch Peking angekündigt, die Importe aus Deutschland zu stoppen. Bode nannte es "letztlich auch ökonomisch dumm, dass die Politik hier als Dienstleister der Futtermittelindustrie agiert und diese vor strikten Kontrollpflichten schützt".
Die Pläne von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zur Abwehr weiterer Skandale hält Bode für zu schwach. So sei eine Trennung der Produktion von Futtermittel-Fetten und Industrie-Schmierstoffen "längst nicht ausreichend". Der Verbraucherschützer forderte eine gesetzliche Pflicht für die Futtermittel-Hersteller, ausnahmslos jede Charge jeder einzelnen Futtermittel-Zutat auf Dioxin zu testen, die Probe zu dokumentieren und die Charge bei Grenzwert-Überschreitung zu vernichten.
Bund muss dabei sein
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hält ein stärkeres Eingreifen des Bundes bei der Lebensmittelkontrolle für notwendig. "Wir brauchen ein einheitliches Vorgehen aller Bundesländer, und dafür muss der Bund auch die Kompetenzen und die Möglichkeiten haben", sagte Verbandschef Gerd Billen im Deutschlandfunk. Die Kontrollen dauerten zu lang. "Es muss zentral sozusagen gesteuert und auch organisiert werden."
Der Staat habe sich zu sehr auf Eigenkontrollen verlassen. Billen forderte von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU): "Wir wollen sorgenfrei einkaufen, wir wollen kein Gift im Essen kaufen, und da muss sie sich tatkräftig darum kümmern, dass das möglichst schnell wieder der Fall ist." Aigner will am Freitag ihren Aktionsplan vorstellen.
Quelle: ntv.de, AFP