Politik

Atomdebatte in Deutschland Forscher: Wulff soll eingreifen

Atomkraft in Deutschland, Ja oder Nein? Die Bundesregierung hat sich positioniert, doch Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus relativiert die Kehrtwende bereits wieder. Der Klimaberater der Bundesregierung wünscht sich eine breite Energiedebatte in der Bevölkerung - und ruft nach Bundespräsident Wulff.

Demonstrant in Berlin.

Demonstrant in Berlin.

(Foto: dpa)

Der Klimaberater der Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber, hat Bundespräsident Christian Wulff aufgerufen, eine breite Debatte über die künftige Energieversorgung in Deutschland anzustoßen und zu moderieren. "Der Bundespräsident könnte seine parteiübergreifende Autorität nutzen, um die Debatte über einen neuen Gesellschaftsvertrag anzustoßen", sagte Schellnhuber, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist, dem Berliner "Tagesspiegel". Wulff habe die nötige Distanz zum politischen Alltagsgeschäft. "Er kann glaubwürdig in die Rolle des ehrlichen Maklers in einem Dialog über die Zukunft unserer Gesellschaft hineinwachsen. Das wäre eine noble Aufgabe."

In der Koalition wächst unterdessen der Unmut über das Atommoratorium von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), lehnte einen schnelleren Ausstieg aus der Kernenergie ab. Mit Blick auf die Positionierung von Altkanzler Helmut Kohl sagte er dem "Handelsblatt Online": "Wo er recht hat, hat er recht." Kohl hatte Merkel vor einer "Rolle rückwärts" in der Energiepolitik der Christdemokraten gewarnt.

Töpfer für Ausstieg

Klaus Töpfer ist für den Ausstieg.

Klaus Töpfer ist für den Ausstieg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dagegen sprach sich der Vorsitzende der von Merkel eingesetzten Regierungskommission zur Energieversorgung, Klaus Töpfer (CDU), für den schnellstmöglichen Ausstieg aus. "Ein anderes Handeln wäre nicht verantwortlich", sagte er der "Bild am Sonntag".

Angesichts des drohenden Super-GAUs in Japan hatte es am Samstag die bislang größten Massenproteste gegen Atomkraft in Deutschland gegeben. In Berlin, Hamburg, München und Köln forderten jeweils Zehntausende Menschen einen sofortigen Atomausstieg. Die Veranstalter sprachen von insgesamt 250.000 Teilnehmern - mehr, als sie erwartet hatten. Auch nach Angaben der Polizei waren es mehr als 200.000.

Der Streit um die Atompolitik dürfte auch Einfluss auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben. Besonders der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) muss seine Ablösung fürchten.

Beck bietet Verhandlungen an

Mappus warnte davor, durch einen überstürzten Ausstieg aus der Kernenergie die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gefährden. Der "Bild am Sonntag" sagte Mappus: "Seriöse Politik muss die Sicherheit als unser höchstes Gut im Auge haben, aber auch die Frage beantworten, wie wir unseren Wohlstand erhalten können, wie wir Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei der Energie hin bekommen."

Stefan Mappus und Angela Merkel - auf einer Linie?

Stefan Mappus und Angela Merkel - auf einer Linie?

(Foto: dapd)

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) warf der Bundesregierung Verfassungsbruch vor: "Sie sprechen von einem nationalen Konsens, dabei verstößt die Bundesregierung gerade gegen die Verfassung. Atomkraftwerke kann man ohne Gesetzesänderung nur bei einer konkreten Gefährdungslage abschalten. Wenn Sie es ernst meinen mit dem Abschalten der ältesten Meiler, dann müssen Sie ein Ausstiegsgesetz verabschieden."

Beck bot Union und FDP an, eine gemeinsame Lösung für die Zeit nach einem Atomausstieg zu suchen: "Die SPD ist bereit, auf Basis des rot-grünen Konsenses mit einem Ende der Atomenergie im Jahr 2020 mit Schwarz-Gelb zu verhandeln. Machen Sie ein ordentliches Gesetz, dann sind wir mit dabei und übernehmen gemeinsame Verantwortung."

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach den Probleme im japanischen Atomkraftwerkskomplex Fukushima die vorübergehende Abschaltung der sieben ältesten AKW angeordnet. Nach dem 15. Juni soll entschieden werden, ob die sieben AKW sowie der nach Pannen stillstehende Meiler Krümmel wieder ans Netz dürfen.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa

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