Politik

Geld allein ist es nicht Forscher misst das "Glücks-BIP"

Macht Kaufen glücklich?

Macht Kaufen glücklich?

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Geld allein macht nicht glücklich, weiß der Volksmund. Aber was braucht es noch? Gesundheit, Familie, Arbeitsplatzsicherheit, schlägt Ulrich van Suntum vor.

Geld allein macht nicht glücklich, das weiß schon der Volksmund, aber was braucht es noch? Gesundheit, Familie, Arbeitsplatzsicherheit, schlägt Wirtschaftswissenschaftler Ulrich van Suntum von der Universität Münster vor. Er berechnete im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstmals ein "Glücks-Bruttoinlandsprodukt", das den Deutschen sagen soll, wie es wirklich um sie steht. Damit gibt es hierzulande den ersten eigenen Index auf einem Forschungsgebiet, das immer populärer wird: der nationalen Glücksforschung.

Bhutan begann schon im Frühjahr vergangenen Jahres, das eigene "Bruttonationalglück" zu untersuchen. Der Soziologe Ruut Veenhoven von der Erasmus Universität Rotterdam veröffentlicht schon seit einigen Jahren die "Welt-Datenbank des Glücks", nach der Costa Rica und Dänemark derzeit die höchsten Werte zeigen. Jetzt legen die Deutschen nach und kommen zum Ergebnis, dass ihr Glücksgefühl stark schwankt und nicht allein von der Menge an Geld abhängt, sondern auch von Faktoren rund ums Arbeitsleben.

Zur Ermittlung des Werts zog van Suntum wirtschaftswissenschaftliche und soziologische Faktoren heran: unter anderem das Wachstum des BIPs, die Arbeitslosenquote, aber auch die Realisierung der gewünschten Arbeitszeit, das Arbeiten im erlernten Beruf oder den Gesundheitszustand. Das Ergebnis zeigt, dass es durchaus Parallelen zum realen BIP gibt, wenn auch zeitverzögert. Der Glücks-BIP verhält sich aber weniger volatil, worin die Forscher "eine gewisse Gelassenheit der Menschen beim Umgang mit konjunkturellen Schwankungen" entdeckten.

Glücksresistenz gegen Wirtschaftswachstum

Gleichzeitig observierten sie eine Glücksresistenz der Bevölkerung gegenüber dem Wirtschaftswachstum. Obwohl das BIP pro Kopf im Untersuchungszeitraum von 1991 bis 2008 im Durchschnitt um 4,4 Prozent stieg, führte dies nicht zu mehr Glücksgefühl, sondern lediglich zum Erhalt der Zufriedenheit, wohingegen schon Stagnation mit Unzufriedenheit quittiert wurde.

Wichtiger als Geld scheinen die Lage am Arbeitsmarkt und soziale Sicherheit zu sein. Den ersten großen Knick im Glücks-BIP 1997 erklärt das INSM mit sinkenden Wachstumsraten, steigender Arbeitslosigkeit sowie Sorgen um die finanzielle und berufliche Situation. Ab 1998 stieg das Glücks-BIP wieder an, begann aber 2001 wieder abzufallen und erreichte 2004 einen neuen Tiefpunkt, was das INSM mit denselben negativen Parametern begründet.

Für die Forscher überraschend war, dass steigende Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich nicht mit weniger Zufriedenheit beantwortet wurden. "Solange die Einkommen der unteren Einkommensschichten weiter zunehmen, sind überproportional höhere Einkommenszuwächse der reicheren Bevölkerungsschichten offenbar kein Unglücksfaktor", heißt es im Fazit der Studie. Kritisch werde es, wenn die Nettoeinkommen der Armen sänken. Wichtig sei vor allem, einen Arbeitsplatz zu haben. Dieser stelle einen Wert an sich dar, was die Politik dazu bewegen sollte, über Kombilöhne und Programme nachzudenken, bei denen Empfänger staatlicher Leistungen zur Arbeit verpflichtet werden.

Positiv auf das Glücks-BIP wirkt es sich aus, wenn gewünschte und erbrachte Arbeitszeit übereinstimmen, sprich: Arbeitnehmer nicht zu Überstunden gezwungen werden, und wenn der Arbeitnehmer in seinem erlernten Beruf arbeiten kann. Auch Eigentumswohnungen erhöhen das Glücksgefühl, ein Luxus, der den Besserverdienenden vorbehalten ist.

Mit seinem Glücks-BIP hat es die INSM geschafft, die Europäische Union zu überholen. Sie startet 2010 ein Pilotprojekt für ein Fortschrittsbarometer, das neben wirtschaftlichen auch Faktoren einbezieht wie die Verschmutzung der Erde sowie die Gesundheit der Bürger, Freizeit- oder Wohnangebote. Welche Schlüsse die Politik aus diesen Indizes ziehen wird, bleibt derweil hoffnungsfroh und möglichst glücklich abzuwarten.

Quelle: ntv.de, Mechthild Hennecke, AFP

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