Kiel fühlt sich ernst genommen Fortschritte im Steuerpoker
13.12.2009, 09:25 UhrEine Zustimmung Schleswig-Holsteins zum Steuerpaket der Bundesregierung ist nach einem ersten Krisentreffen im Kanzleramt "heute eher wahrscheinlich als es noch gestern der Fall war". Bis zur Abstimmung am Freitag im Bundesrat werden noch einige Gespräche nötig sein; es deutet aber alles auf eine rechtzeitige Einigung im Steuerpoker hin.
Im Streit zwischen Bund und Ländern über das Steuerpaket der Regierung deutet sich eine Einigung an. Schleswig-Hosteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen sagte nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle in Berlin, der Bund habe deutlich gemacht, das er die Sorgen der Länder ernst nehme und sie auf dem Weg der Konsolidierung unterstützen wolle.
Es gebe aber noch keine Entscheidung. Einzelheiten sollten im Laufe der Woche in weiteren Gesprächen geklärt werden.
FDP-Landtagsfraktionschef Wolfgang Kubicki sagte, er sei zuversichtlich, dass man zu einem guten Ergebnis kommen werde. Eine Zustimmung Schleswig-Holsteins zu dem Steuerpaket am Freitag im Bundesrat sei "heute eher wahrscheinlich als es noch gestern der Fall war."
"Wir lassen euch nicht hängen"

Kanzlerin Merkel braucht für die Zustimmung zum Wachstumsgesetz die Stimmen aller schwarz-gelben Landesregierungen im Bundesrat.
(Foto: REUTERS)
Nach Angaben von Teilnehmern hat Schleswig-Holstein die Zusage erhalten, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung der Schuldenbremse die ärmeren Bundesländer stärker unterstützen wird. "Die Botschaft war: Wir lassen Euch nicht hängen", sagte ein Vertreter des Landes.
Die Kanzlerin nahm bei dem Gespräch keine Abstriche bei den geplanten Steuerentlastungen vor: "Das Paket liegt weiter auf dem Tisch", sagte der Teilnehmer.
Carstensen fürchtet Einnahmeausfälle von 130 Millionen Euro für sein Land und die schleswig-holsteinischen Kommunen. Er droht deshalb mit einer Blockade des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Der Bund hat es allerdings abgelehnt, einzelne Länder "herauszukaufen".
Andere schwarz-gelb regierte Länder drohten für den Fall einer Sonderlösung für Schleswig-Holstein ihrerseits mit einem Nein zu dem Gesetz. Ohne Zustimmung des Bundesrats aber kann das Gesetz nicht wie geplant Anfang 2010 in Kraft treten – und das erste große Regierungsvorhaben von Merkel und Westerwelle landet im Vermittlungsausschuss.
Konkrete Vorschläge aus Kiel
Schleswig-Holstein hatte dem Bund eine Liste mit Vorschlägen vorgelegt, um die Belastungen für alle Länder zu verringern. Die Mindereinnahmen bei der Unternehmenssteuer könnten demnach durch "Anhebung des Anteils der Länder am Umsatzsteueraufkommen erfolgen", heißt es in einem Schreiben an die CDU-Finanzminister der Länder, aus dem die "Welt am Sonntag" zitierte.
Das Kieler Finanzministerium schlägt zudem vor, die Erbschaftssteuer möglicherweise ganz abzuschaffen. Es sollte geprüft werden, "ob die Erbschaftssteuer in ihrer jetzigen Form den gestellten Anforderungen genügt oder ihr Aufkommen gegebenenfalls im Zuge einer Steuerstrukturreform auf andere Weise gesichert werden kann". Die im Steuerpaket vorgesehene Ausnahme bei der Mehrwertsteuer für das Hotelgewerbe sollte zunächst zurückgestellt und erst im Zuge einer großen Steuerreform geregelt werden.
Bei den Vorschlägen gehe es nicht um "Sonderkonditionen für Schleswig-Holstein", heißt es dem Bericht zufolge in dem Schreiben. Der Präsident des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein, Aloys Altmann, unterstützte Carstensen in seinem Widerstand gegen das Steuerpaket. "Die Steuerausfälle durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz kann sich Schleswig-Holstein nicht leisten", sagte Altman der "Welt am Sonntag". Er warf Bund und Ländern vor, seit Jahrzehnten über ihre Verhältnisse zu leben. Die Länder müssten ihre Neuverschuldung in den Griff bekommen.
SPD: "Lösegeldzahlungen" bringen nichts
Die seit der Bundestagswahl im September oppositionelle SPD forderte die Koalition zu einem Kurswechsel in der Steuerpolitik auf. "Die Bundeskanzlerin wird versuchen, Lösegeldzahlungen locker zu machen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er kritisierte: "Selbst wenn jetzt den Ländern einmalig geholfen wird, selbst wenn es Zahlungen an Kommunen geben sollte - das vergrößert doch nur die Staatsschulden beim Bund." Die Koalition müsse die Steuerpläne stoppen. "Noch schlimmer sind die, die danach noch kommen sollen." Trotz fehlender Mittel für Schulen, Kindergärten und Universitäten wolle Schwarz-Gelb Steuergeschenke etwa ans Hotelgewerbe machen, die kein Wachstum brächten.
Quelle: ntv.de, hdr/rts/dpa/AFP