Mehr Babys, andere Familienpolitik Franzosen überholen Deutsche
29.03.2012, 16:58 Uhr
Die Nachwuchsrate in Deutschland ist deutlich niedriger.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein französisches Institut vergleicht Zahlen aus dem eigenen Land mit denen aus Deutschland. Im Jahr 2055 gibt es demnach mehr Menschen westlich des Rheins als hierzulande. Die Infrastruktur für Kinder sei in Frankreich wesentlich besser ausgebaut. Bundesfamilienministerin Schröder will mehr Unterstützung für Alleinerziehende.
Frankreich dürfte dank seiner höheren Geburtenrate Deutschland in den kommenden 40 Jahren bei der Bevölkerungszahl überrunden. Zu diesem Ergebnis kommt das französische Institut für Demografie-Studien (Ined) in einer Studie. Die Zahl der Franzosen werde bis 2055 von heute 65 Millionen auf dann 72 Millionen steigen, während die der Deutschen von heute 82 Millionen auf dann 71 Millionen abschmelzen dürfte.
Während Frauen in Frankreich im Schnitt zwei Kinder auf die Welt bringen, liegt der statistische Wert in Deutschland bei 1,4. Die Autoren machen dafür unter anderem die Familienpolitik beider Länder verantwortlich. In Frankreich sei die Infrastruktur mit Kinderkrippen und Vorschulen stärker ausgebaut als in Deutschland.
Ganztagsbetreuung wichtig
In Deutschland sei Ganztagsbetreuung für die Entwicklung von Kindern Alleinerziehender besonders wichtig, so das Ergebnis einer Studie, die Bundesfamilienminister Kristina Schröder (CDU) vorstellte. Demnach könnten fast doppelt so viele Kinder von Alleinerziehenden ein Gymnasium besuchen, wenn sie ganztägig betreut würden.
Der Ausbau außerfamiliärer Kinderbetreuung fördere nicht nur schulische Kompetenzen, sondern wirke sich auch positiv auf Gesundheit und Sozialverhalten des Kindes aus. Durch besseren Zugang zum Arbeitsmarkt sinke zudem die Armutsgefährdung der Familien. 2009 waren Alleinerziehende für jede fünfte Familie in Deutschland verantwortlich.
"Herdprämie" schlecht für Frauen und Kinder
Einer anderen Studie zufolge könnte sich Deutschland in Sachen Kinderbetreuung sogar zurückentwickeln. Das sogenannte Betreuungsgeld, das die schwarz-gelbe Koalition in Deutschland einführen will, wirkt sich einer Studie des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) zufolge zusätzlich negativ auf die Frauenerwerbstätigkeit aus. Das IZA hatte die Auswirkungen des Betreuungsgeldes in Thüringen untersucht. Dort gibt es die Regelung schon seit 2006.
Finanzielle Anreize für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, senken die Frauenerwerbsquote und wirken sich nachteilig auf die frühkindliche Entwicklung aus. Demnach bleiben vor allem Geringqualifizierte, Alleinerziehende und Familien mit niedrigem Einkommen dem Arbeitsmarkt fern, um die staatliche Leistung in Anspruch zu nehmen. Der Freistaat Thüringen gewährt das von Kritikern als "Herdprämie" bezeichnete Betreuungsgeld in Höhe von 150 bis 300 Euro für Zweijährige, die nicht in öffentlichen Einrichtungen betreut werden.
Die von der Koalition für 2013 geplante bundesweite Einführung des Betreuungsgelds war auch Thema im Bundestag. Zur Abstimmung standen am Nachmittag Initiativen der SPD- sowie der Grünen-Fraktion gegen die Einführung eines Betreuungsgeldes. Der Familienausschuss des Bundestages hatte empfohlen, beide Vorlagen abzulehnen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte, das für die "Herdprämie" vorgesehene Geld in den Ausbau der Kitas zu investieren.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP