Politik

Union plant Schengen-Cloud Freie Fahrt für freie Daten

Daten, die nur für ein europäisches Ziel bestimmt sind, sollen künftig in Europa bleiben.

Daten, die nur für ein europäisches Ziel bestimmt sind, sollen künftig in Europa bleiben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Als Lehre aus den Spitzel-Tätigkeiten der britischen und US-Geheimdienste in Deutschland fordert die Union einen "Schengen-Raum für Datensicherheit". Bei der Vorstellung des Plans üben die zwei Vizechefs der Unionsfraktion sehr deutlich Kritik an den USA. Und sie wissen auch schon, wer wohl eher nicht Mitglied in einem europäischen Daten-Schengen wird.

Die Union plant einen "Schengen-Raum" für den Datenverkehr in Europa. Das Vorhaben ist eine Konsequenz der NSA-Affäre und soll dafür sorgen, dass "ähnliche Ausspäh-Aktionen in Zukunft hoffentlich keinen Erfolg mehr haben", wie Unionsfraktionsvize Günter Krings bei der Vorstellung eines Positionspapiers sagte.

Der CDU-Politiker betonte, die NSA-Affäre habe in den vergangenen Wochen "eine neue Dimension" bekommen. Jetzt gehe es nicht mehr nur darum, dass in den USA technische Leitungen mit Daten aus Deutschland angezapft würden, sondern "auch auf deutschem Boden, unmittelbar, ausgespäht wurde, über einen langen Zeitraum, dauerhaft".

Das Vorgehen der National Security Agency kritisierte Krings mit deutlichen Worten. Die US-Geheimdienste seien "aus dem Ruder gelaufen" und hätten "jedes Maß und Ziel verloren", sagte er. Wenn die deutsche Bundeskanzlerin zum Zielobjekt werde, könne man nicht von einem Terrorverdacht sprechen. Die Amerikaner hätten die Balance von Sicherheit und Freiheit "zulasten der Freiheit verlassen", so Krings. Deutschland und Europa könnten nun vormachen, "dass wir die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wahren können".

Sicherheit und Freizügigkeit für Daten

Zu den Vorschlägen von Krings und dem CDU-Abgeordneten Michael Kretschmer, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, gehört die Schaffung eines europäischen Cloud-Raumes. Krings wies ausdrücklich darauf hin, dass er die Analogie zum Schengener Abkommen für freien Grenzverkehr bewusst gewählt habe, weil auch diesem Vertrag nicht alle EU-Staaten angehören. Das wichtigste Nicht-Mitglied ist zweifellos Großbritannien, das als Teil des Geheimdienst-Bündnisses "Five Eyes" wohl auch nicht Mitglied in einem "Schengen-Raum für die Daten" werden könnte.

Ein solcher "Cloud-Raum" würde nach den Vorstellungen der Unionsfraktion "Datensicherheit auf einem gleichmäßig hohen Schutzniveau" gewährleisten und "Datenfreizügigkeit" praktizieren. "Dies zöge auch eine Stärkung des Angebots vertrauenswürdiger, europäischer Clouddienste nach sich", hoffen Kretschmer und Krings, die ihr Papier im Auftrag von Unionsfraktionschef Volker Kauder verfasst haben. Als erste mögliche Teilnehmer eines solchen Daten-Schengen-Raumes nannten sie Frankreich, Österreich und die Benelux-Länder. Gegenüber den USA wäre man dann in einer ganz anderen Verhandlungsposition, wenn es ein solches System geben würde. "Eine nationale Lösung kann es nicht geben, dafür ist Deutschland zu klein", betonte Krings.

Kretschmer bezeichnete die aktuelle Erfahrung mit den NSA-Spähaktivitäten als "Schuss vor den Bug". Er forderte eine Verbesserung der IT-Sicherheit in Deutschland und Europa. "Wir brauchen ein europäisches Routing", so Kretschmer. "Die Daten, die in der Europäischen Union bleiben, können nicht abgesaugt werden." Für die USA gebe es eine solche Regelung bereits.

"Kein echter Dissenspunkt mit der SPD"

Die beiden Politiker forderten zudem einen Ausbau der Abwehrkapazitäten. Man könne nicht alle Eingriffe abwehren, aber man könne besser darin werden, sagte Krings. Dabei geht es der Union nicht nur um den Schutz des individuellen Freiraums, sondern auch um die Abwehr von Industriespionage. Kretschmer unterstrich, Europa müsse sich um eine eigene IT-Industrie bemühen - Deutschland allein werde damit überfordert sein. In den vergangenen Jahren seien "aus Bequemlichkeit" Konkurrenzprodukte aus dem Ausland vorgezogen worden. Der Hinweis, dass dies zu einer Abhängigkeit oder gar Gefährdung führen könne, sei "zu leichtfertig beiseitegeschoben" worden. "Nur wer im Hardware-Bereich mitreden kann, kann selbst Standards setzen."

Schließlich forderten Kretschmer und Krings eine Verbesserung des europäischen und internationalen Datenschutzes. In der Praxis könnte dies einerseits bedeuten, dass Datenschutzrechte auch international durchsetzungsfähig werden, andererseits jedoch auch zur Absenkung des relativ hohen deutschen Datenschutzrechts führen. "Das wird manchen Datenschutz-Beauftragten in Deutschland nicht gefallen", räumte Kretschmer ein.

In welcher Form das Thema in einem Koalitionsvertrag mit der SPD auftauchen wird, ließen Kretschmer und Krings offen. Er sehe jedoch in den Forderungen seiner Fraktion "keinen echten Dissenspunkt mit der SPD", sagte Krings.

Quelle: ntv.de

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