Politik

Ein "ganz böser Verdacht" Freigabe von Becker-Akten gefordert

Soll das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker besonders geschützt werden? Geht es nach dem Rechtsexperten der SPD-Bundestagsfraktion, Wiefelspütz, sollten die Ermittler Einblick in die gesperrten Verfassungsschutzakten erhalten dürfen, die über Becker angefertigt wurden. Das Bundesinnenministerium hatte dies 2008 abgelehnt.

Wiefelspütz fordert Schäuble auf, "sich klar zu erklären".

Wiefelspütz fordert Schäuble auf, "sich klar zu erklären".

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Immer mehr Politiker fordern Innenminister Wolfgang Schäuble dazu auf, geheime Verfassungsschutzakten zum Fall der früheren RAF-Terroristin Verena Becker freizugeben. Nach FDP-Generalsekratär Dirk Niebel und Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sprach sich nun auch der Rechtsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, dafür aus: "Diese Akten müssen zwingend den Ermittlungsbehörden ausgehändigt werden", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es stehe "der ganz böse Verdacht im Raum, dass da eine Art Kronzeugin besonders geschützt werden könnte". Die "Bild"-Zeitung berichtet unter Berufung auf Stasi-Akten, dass Becker bereits seit 1972 Kontakt zum Verfassungsschutz gehabt haben soll.

Becker war vergangene Woche wegen des Verdachts verhaftet worden, an dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei seiner Begleiter im April 1977 beteiligt gewesen zu sein. DNA-Spuren auf damaligen Bekennerbriefen und bei ihr gefundene persönliche Notizen erhärteten den Verdacht.

Innenministerium lehnte Akteneinsicht 2008 ab

Gegen Becker, die bei ihrer Festnahme im Mai 1977 die Mordwaffe mit sich trug, war zwar wegen des Buback-Mordes ermittelt worden. Das Verfahren wurde aber 1980 eingestellt, weil die Beweise nicht ausreichten. Zu dem Zeitpunkt war Becker außerdem bereits wegen anderer Taten zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. 1989 wurde sie nach zwölf Jahren Haft begnadigt.

Die Akten wurden vor 27 Jahren der Generalbundesanwaltschaft gezeigt. Im Rahmen ihrer neuen Ermittlungen zum Fall Buback hatte diese vor zwei Jahren erneut Einsicht in die gesperrten Staatsschutzakten beantragt. Doch dies lehnte das Bundesinnenministerium unter Verweis auf Nachteile, die Deutschland drohten, 2008 ab.

"Bild": Becker hatte früh Kontakt zum Verfassungsschutz

Laut der "Bild"-Zeitung soll Becker bereits fünf Jahre vor dem Buback-Mord Kontakt zum Verfassungschutz gehabt haben. Die Zeitung zitiert einen Aktenvermerk der Stasi-Hauptabteilung II/2 vom 2. Februar 1978. Dort heißt es dem Blatt zufolge: "Es liegen zuverlässige Informationen vor, wonach die B.(ecker) seit 1972 von westdeutschen Abwehrorganen wegen der Zugehörigkeit zu terroristischen Gruppierungen bearbeitet bzw. unter Kontrolle gehalten wird."

Nach Ansicht Wiefelspütz' ist Schäuble nun "gefordert, sich klar zu erklären - und zwar so schnell wie möglich. Er ist auch Verfassungsminister und hat eine besondere Verantwortung für die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland." Auf die Frage, ob er es für möglich halte, dass Becker durch den Verfassungsschutz geschützt werde, sagte Wiefelspütz: "Für mich ist das undenkbar in Deutschland. Aber auch das Undenkbare kommt vor."

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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