Gewalt in Afghanistan Friedens-Dschirga berät
09.08.2007, 08:04 UhrAngesichts der heftigsten Angriffe von Al-Kaida und Taliban seit Jahren haben Afghanen und Pakistaner erstmals über gemeinsame Strategien gegen die radikal-muslimischen Aufständischen beraten. Der afghanische Präsident Hamid Karsai forderte zum Auftakt einer dreitägigen Versammlung nach dem traditionellen Muster einer Dschirga ein entschlossenes Vorgehen. "Ich bin mir sicher, dass wir sie dann schon morgen los haben können", sagte er vor den rund 350 Vertretern aus beiden Ländern. Karsai mahnte: "Täglich kommen Menschen ums Leben, unsere Schulen brennen und unsere Mullahs sterben."
Die unter Vermittlung der USA zustande gekommene Konferenz wurde allerdings durch die Absage des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf geschwächt. Der Staatschef nahm stattdessen an einer Krisensitzung seiner Regierung teil, um nach einer Serie von Anschlägen islamistischer Gruppen die angespannte Sicherheitslage in Pakistan zu diskutieren. Die Ausrufung eines Ausnahmezustands lehnte er dabei vorerst ab.
Mahnung aus Washington
Afghanistan und die USA werfen Pakistan vor, nicht entschieden genug gegen Taliban-Rebellen vorzugehen, die sich auf pakistanisches Grenzgebiet zurückziehen. Vor allem die autonomen Strukturen in Waziristan bieten den Aufständischen Schutz vor den militärischen Offensiven im Nachbarland. Die USA befürchten auch, dass sich das Terrornetzwerk Al Kaida dort neu formiert.
An Stelle Musharrafs versicherte Ministerpräsident Shaukat Aziz den Delegierten aus Politik, Kultur und den teils halb-autonomen Stammesgebieten, Pakistan habe kein Interesse an einem geschwächten Afghanistan. Schicksal und Zukunft beider Völker seinen eng miteinander verwoben. So beeinflusse Instabilität in einem Land auch die Entwicklung des anderen Landes. Afghanistan müsse aber seine eigenen Probleme selbst lösen und dürfe die Schuld nicht bei Pakistan suchen. "Afghanistan ist noch nicht im Frieden mit sich selbst", sagte Aziz.
Traditionelle Form
Die Delegierten beider Staaten teilten sich nach den Eröffnungsreden in Arbeitsgruppen auf. Eine zweite Versammlung dieser Art soll sich in Pakistan anschließen. Dafür gibt es aber noch keinen Termin. Die Tradition der Dschirga geht auf das regionale Stammesrecht zurück, wonach Konflikte und Streitfälle im Konsens gelöst werden sollen.
Die Sicherheitsvorkehrungen für das Treffen in Kabul waren hoch. Nato-Truppen unterstützten rund 2500 afghanische Polizisten dabei, den Konferenzort weiträumig abzusperren. Die Taliban haben ihren Kampf gegen die vom Westen unterstützte Regierung Karsai in den vergangenen Monaten verschärft. Zudem haben sie ihren Druck durch Geiselnahmen erhöht. Neben einem deutschen Ingenieur sind auch 21 Mitarbeiter einer südkoreanischen Hilfsorganisation in der Hand von Rebellen.
An der traditionellen Stammesversammlung nehmen vier Tage lang 350 Vertreter aus Afghanistan und etwa 300 aus Pakistan teil. Die Idee dazu entstand im September 2006 bei einem Treffen von Karsai, Musharraf und Bush in Washington. Auf der Tagesordnung standen neben den Sicherheitsfragen auch der Kampf gegen den Drogenhandel und die wirtschaftliche Entwicklung der Grenzregion.
Quelle: ntv.de