Politik

Sarkozy in Moskau Friedensplan steht

Nach zähen Verhandlungen haben der französische Präsident Nicolas Sarkozy und sein russischer Amtskollege Dmitri Medwedew in Moskau einen Friedensplan für den umkämpften Südkaukasus vorgestellt. Derzeit herrsche ein "provisorischer Waffenstillstand" in der Region, betonte Medwedew bei dem Treffen. Wenn Georgien den Friedensplan unterzeichne, sei aber der Weg zu einer dauerhaften Waffenruhe frei, fügte er hinzu.

Sarkozy, der als EU-Ratsvorsitzender in dem Konflikt um die abtrünnige georgische Region Südossetien vermittelt, wollte anschließend in die georgische Hauptstadt Tiflis weiterreisen. "Es gibt noch viel zu tun", sagte der Franzose mit Blick auf die bevorstehenden Verhandlungen mit seinem georgischen Amtskollegen Michail Saakaschwili.

Vereinzelte Feuergefechte


Medwedew hatte zuvor eine Einstellung der Kampfhandlungen verkündet. Russland habe seine militärischen Ziele erreicht, der "Aggressor" Georgien sei bestraft worden. Für Mittwoch ordnete er eine landesweite Staatstrauer an.

Ungeachtet der politischen Verhandlungen kam es noch vereinzelt zu Feuergefechten. Allerdings war die Lage weiter unübersichtlich. Die Konfliktparteien warfen sich gegenseitig neue Angriffe vor. Die georgische Armee räumte derweil "schwere Verluste" ein. "Ein Großteil unserer Ausrüstung und unserer Rüstung ist von der erdrückenden Militärmacht Russlands zerstört worden", sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Alexander Lomaja, in Tiflis.

Seit Freitag sind bei Kämpfen um die Separatistengebiete Südossetien und Abchasien nach russischen Angaben etwa 2000 Menschen getötet worden. Auch mehrere Journalisten, ein Niederländer, zwei Russen und ein Georgier, wurden getötet.

Beitrittsversprechen gilt

Die 26 NATO-Staaten haben unterdessen ihre Solidarität mit Georgien bekundet und den Anspruch des Kaukasus-Landes auf Souveränität und territoriale Integrität unterstützt. Bei einer Krisensitzung des NATO-Rats bestätigten die Botschafter der Bündnisstaaten auch das Versprechen, Georgien zu einem späteren Zeitpunkt in die Allianz aufzunehmen.

NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer bezeichnete den Waffenstillstand als "wichtig, aber nicht ausreichend". Russen und Georgier müssten sich auf ihre Stellungen vor Ausbruch der Kämpfe um die abtrünnige georgische Region Südossetien zurückziehen.

Kein "business as usual"

Auch die Forderung nach einem neuen Umgang mit Russland wurde laut. Bei dem Treffen habe eine Reihe von Mitgliedern durchblicken lassen, dass es eine Rückkehr zum "business as usual" nicht geben könne, sagte US-Botschafter Kurt Volker.

So erwägen die USA eine Absage der gemeinsamen Manöver von russischen und NATO-Verbänden. Ein solcher Schritt sei derzeit "im Gespräch", sagten zwei ranghohe US-Diplomaten in Washington. Es sei "schwer vorstellbar", dass ein gemeinsames Manöver "zur Zeit ertragreich" wäre, hieß es weiter. Derzeit würden Gespräche mit den anderen NATO-Mitgliedern über einen solchen Schritt geführt.

Rücktritt Saakaschwilis gefordert

Medwedew erklärte, die Militäroperation sei erfolgreich abgeschlossen. "Die Sicherheit der russischen Friedenssoldaten und der russischen Staatsbürger ist gewährleistet." Der Generalstab in Moskau teilte mit, die Truppen würden auch weiterhin an den ihnen zugewiesenen Orten in Georgien bleiben. Medwedew erteilte dem russischen Verteidigungsministerium den Befehl, die Kampfhandlungen jeder Zeit wieder aufzunehmen, sollte in Südossetien wieder Gewalt an der Bevölkerung verübt werden.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte Saakaschwili zum Rücktritt auf. Er sei nach dem Waffengang für Moskau kein Verhandlungspartner mehr, betonte Lawrow.

Austritt aus der GUS

Georgien erklärte, als Konsequenz aus dem Krieg gegen Russland aus der im Dezember 1991 gegründeten Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) austreten zu wollen. "Ich habe alles Nötige dazu veranlasst", sagte Saakaschwili in Tiflis. Er forderte auch die Ukraine und weitere Länder auf, aus der "von Russland dominierten" GUS auszutreten.

In der georgischen Hauptstadt ließ sich der Präsident von zehntausenden Demonstranten feiern. Georgien sei eine "Vorposten im Kampf gegen Russland", sagte Saakaschwili. Russland könne sich offenbar nicht mit dem Freiheitswunsch anderer Völker abfinden. Georgien sei die "Grenze zwischen Gut und Böse".

Mindestens 100.000 Menschen sind derweil auf der Flucht vor den blutigen Auseinandersetzungen. Die Zahl der Flüchtlinge steige stündlich, sagte die für Georgien zuständige Direktorin des UN-Welternährungsprogramm (WFP), Lola Castro, in Tiflis. Aus der am stärksten umkämpfte georgische Stadt Gori seien rund 56.000 Menschen geflohen, hieß es.

Truppenrückzug vereinbart

Nach dem Sechs-Punkte-Plan verpflichten sich beide Parteien zum Gewaltverzicht und zum freien Zugang für Hilfsorganisationen. Beide Seiten müssten ihre Truppen zurückziehen. Die georgischen Soldaten sollen zurück in die Kasernen, und die russischen Soldaten sollen zurück auf die Positionen, die sie vor den ersten Gefechten am vergangenen Freitag hielten.

Die russischen Friedenstruppen, die seit Mitte der 1990er Jahre in Südossetien stationiert sind, verpflichten sich zu "zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen". Als sechster Punkt ist die "Aufnahme internationaler Beratungen über den künftigen Status und die Modalitäten für dauerhafte Sicherheit in Abchasien und Südossetien" vorgesehen.

Nicht alle Probleme gelöst

Im Unterschied zu früheren Plänen wird weder die "territoriale Einheit Georgiens" noch ein möglicher Einsatz internationaler Friedenstruppen erwähnt. "Wir können nicht alle Probleme auf einmal lösen", sagte Sarkozy, der zuvor mehrere Tage lang aus der Ferne intensiv mit seinen Amtskollegen in Moskau und Tiflis verhandelt hatte. "Wir befinden uns in einer Notsituation", fügte er hinzu.

Russland achte die Souveränität Georgiens, betonte Medwedew. Die Einheit des südlichen Nachbarlandes zog der Kremlchef aber in Zweifel. "Die Frage der territorialen Einheit (...) entscheidet sich nicht auf Demonstrationen, nicht in Parlamenten oder bei Treffen von Staatschefs. Es kommt vielmehr auf den Wunsch der Menschen an, in einem Staat zu leben", sagte der russische Präsident.

Quelle: ntv.de

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