Politik

Sauerland-Prozess Fritz G. erzählt weiter

"Ich war und bin überzeugt von meiner Religion." Mit allem Nachdruck bekennt sich der zum Islam konvertierte Fritz G. im Sauerland-Terrorprozess zu seinem Glauben an Allah. Am zweiten Tag seines Geständnisses vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht schildert der in München geborene 29-Jährige seinen Übertritt zum Islam und die Zeit seiner Radikalisierung seit 2002, in der die Islamistenszene in Neu-Ulm eine zentrale Rolle gespielt hat. Nach G.s geradezu offenherzigem Geständnis vom Vortag, von dem sich Gericht und Bundesanwaltschaft durchaus beeindruckt zeigten, wollten sich die Richter nun ein Bild von der Persönlichkeit des Angeklagten machen.

(Foto: dpa)

Warum gleitet ein Sohn aus gutbürgerlichem Ulmer Elternhaus in den militanten Islamismus ab und schmiedet Pläne für ein Blutbad unter US-Soldaten in Deutschland? Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling verliest das Vernehmungsprotokoll des Bundeskriminalamts zum Lebenslauf des Ex-Wirtschaftsstudenten. Der Sohn eines Unternehmers und einer Ärztin muss wegen schlechter Noten vom Gymnasium auf die Realschule wechseln, schafft aber später das Fachabitur.

Soldat bei der Bundeswehr will er nicht werden - er leistet Zivildienst. Er habe keinen Sinn darin gesehen, zur Bundeswehr zu gehen, sagt er vor Gericht. Breidling hakt nach. Ob er Probleme im Umgang mit der Waffe habe, will der Richter von dem verhinderten Terroristen wissen. G. antwortet wenig überraschend mit Nein. "Sie sind also kein ausgesprochener oder verkappter Pazifist?", fragt Breidling mit dem ihm eigenen Sarkasmus. G. verneint erneut.

"Rein rationale Entscheidung"

Kurz vor seinem 16. Geburtstag konvertiert G. zum Islam. Dies sei eine "rein rationale Entscheidung" gewesen, sagt er vor Gericht, ein Schritt "aus freiem Willen, niemand hat mich dazu gezwungen". Der Islam sei für ihn die "bessere Religion". Wieder hakt Breidling nach. Ob der jugendliche G. womöglich nach der Scheidung seiner Eltern ein Jahr zuvor Halt in der Religion gesucht habe, fragt der Richter. G. schüttelt den Kopf. "Das ist rein spekulativ."

Ein strenggläubiger Moslem ist G. nach eigenen Angaben zunächst nicht. Erst im Sommer 2002 beschäftigt er sich intensiv mit dem Islam - knapp ein Jahr nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Regelmäßig besucht er das Multikulturhaus in Neu-Ulm - ein islamisches Zentrum, dem schon damals eine gefährliche religiöse Engstirnigkeit nachgesagt und das Ende 2005 verboten wird. Regelmäßiger Besucher des Multikulturhauses war zuvor auch der Deutschlibanese Khaled el Masri, der später in Mazedonien von der CIA festgenommen und anschließend fünf Monate in Afghanistan festgehalten wird.

Radikalisierung durch den Fall El Masri

Der Fall El Masri spielt bei der Radikalisierung von G. offenbar eine wichtige Rolle. Der junge Moslem sieht sich durch die Entführung in seiner Einstellung bestätigt, dass der Westen "Krieg gegen die Muslime" führe. El Masris Fall habe das Fass zum Überlaufen gebracht, sagt G. später. Er will in den Dschihad ziehen, den Heiligen Krieg. Nach einer Pilgerfahrt nach Mekka 2005 reist G. im Jahr darauf über Syrien, die Türkei und den Iran nach Pakistan und lässt sich dort in Lagern der Terrorgruppe Islamische Dschihad-Union ausbilden.

Nach Deutschland zurückgekehrt, heiratet G. im Januar 2007 eine muslimische Frau. "Ja, ich wollte eine Muslima heiraten, auf jeden Fall", sagt der 29-Jährige auf die Frage des Richters, welche Rolle die Religionszugehörigkeit bei der Partnerwahl gespielt habe. Wie er denn zur westlichen Demokratie stehe, will Breidling schließlich gegen Ende der Befragung von G. wissen. Dessen Antwort ist eindeutig: "Die Regeln werden von Gott bestimmt. Als Moslem folge ich dem Koran."

Quelle: ntv.de, Richard Heister, AFP

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