Große Parteien schwächeln Front National hofft auf Kommunalwahl
20.03.2014, 13:51 Uhr
Ein Anhänger der Front National mit einem "Es lebe Frankreich"-Schild: Die Partei Marine Le Pens könnte bei den Kommunalwahlen ein großer Gewinner sein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Präsident Francois Hollande befindet sich auf dem Tiefpunkt seiner Beliebtheit. Und auch die konservative UMP ist beschädigt. Bei den Kommunalwahlen rechnet sich Marine Le Pen daher Chancen aus, obwohl gerade ihre Stärke den Sozialisten helfen könnte.
Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen in Frankreich hat mindestens eine Partei große Pläne: Die Front National (FN) möchte dabei einen weiteren Schritt auf ihr Ziel zutun, ihre Chefin Marine Le Pen innerhalb der kommenden zehn Jahre "an die Macht zu bringen". Ihr Vater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, betrachtet seine Tochter schon für die Wahl 2017 als nächste Präsidentin.

"Wir sind hier bei uns, Franzosen in Frankreich!": Jean-Marie Le Pen erreicht mit ihren nationalistisch geprägten Slogans immer mehr Wähler.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei den Kommunalwahlen geht es jedoch erst einmal nicht um den Einzug in den Pariser Élysée-Palast, sondern um die Rathäuser der 36.767 Kommunen der Grande Nation. Dabei kann sich die FN bei knapp 540 Kandidaten, die sie ins Rennen schickt, Hoffnungen auf rund ein Dutzend Bürgermeisterposten machen. Besonders in den von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Regionen im äußersten Norden und in den traditionellen Hochburgen im Südosten ist der Wahlkampf der Rechtsextremen aussichtsreich.
Le Pen inszeniert sich als einzige Alternative
Die Abhör-Affäre, in deren Mittelpunkt der ehemalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy und seine Partei UMP stehen und bei deren Aufarbeitung die regierenden Sozialisten eine schwache Figur abgeben, könnte Le Pens Partei noch einmal Auftrieb verleihen. Einer aktuellen Umfrage zufolge wollen 30 Prozent der Wähler die Affäre bei ihrem Wahlverhalten berücksichtigen. Der FN werden zudem im Vergleich zu den letzten landesweiten Kommunalwahlen 2008 starke Stimmengewinne vorausgesagt - und damit eine deutlich größere Präsenz in den Stadt- und Gemeindeparlamenten des Landes.
In der Hafenstadt Marseille könnte die FN rund 20 Prozent der Stimmen einfahren, in Montpellier etwa 15 Prozent, in Straßburg mehr als zehn Prozent. Eine Untersuchung zu 56 französischen Städten, in denen die FN antritt, sieht die Rechtsextremen dort sogar bei insgesamt knapp 23 Prozent. Künftige FN-Bürgermeister, so stellt es sich Marine Le Pen vor, sollen beweisen, dass ihre Partei nicht nur Opposition machen, sondern auch Politik gestalten kann. "Wir werden den Franzosen zeigen, dass unsere Politik möglich ist", sagte sie bei einem Wahlkampfauftritt.
Bei der Jagd nach Wählerstimmen setzt die Partei auf altbekannte Themen: Mehr innere Sicherheit, weniger Einwanderung, eine Bevorzugung der Franzosen auf dem Arbeitsmarkt, Stimmung gegen Europa und den Euro. Zudem versucht die FN, sich als einzige Alternative zu den großen Parteien zu präsentieren. Wie immer scheute sich Marine Le Pen im Wahlkampf nicht vor nationalistischen Tönen - "Wir sind hier bei uns, wir wollen bei uns leben, Franzosen in Frankreich!" - hütete sich aber vor allzu offen ausländerfeindlichen Parolen. Denn seit die Anwältin 2011 die FN-Spitze übernahm, will sie ihre Partei entdämonisieren und damit für konservative Wähler öffnen, die von den polternden Auftritten ihres wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen mehrfach verurteilten Vaters abgeschreckt wurden.
Sozialisten könnten von FN-Stärke profitieren
Doch trotz der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit der aktuellen und der ehemaligen Regierung könnten kommunale Kandidaten und Sachfragen am Ende für viele Wähler bei der an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen stattfindenden Wahl ausschlaggebend sein.
Von der Stärke der Rechtsextremen könnten letztlich sogar in einigen Fällen die Sozialisten profitieren: In zahlreichen Städten dürfte es in der zweiten Wahlrunde einen Dreikampf zwischen einem sozialistischen, einem konservativen und einem rechtsextremen Kandidaten geben - weil das rechte Lager dann gespalten wäre, könnten die Sozialisten den Wahlsieg einfahren.
Die Sozialisten haben vor allem Angst davor, dass sie ihre eigenen, enttäuschten Wähler nicht ausreichend mobilisieren können. So startete die Regierung jüngst eine große Kampagne "OuiJeVote" (Ja, ich wähle). Denn es wird mit einer noch einmal geringeren Wahlbeteiligung gerechnet als im Jahr 2008: Bei einer Wahlbeteiligung von nur 65,2 Prozent in der zweiten Runde hatte es damals einen Rekord von Nichtwählern bei französischen Kommunalwahlen gegeben.
Quelle: ntv.de, bwe/AFP