Zwischenfazit im Wulff-Prozess Furtwängler und Burda erinnern sich kaum
05.12.2013, 16:15 Uhr
		                      Wulff wird Vorteilsnahme zur Last gelegt.
(Foto: dpa)
Möglicherweise ist der Prozess gegen Ex-Bundespräsident Wulff rund vier Wochen nach seinem Beginn schon bald zu Ende? Nach der Vernehmung der ersten Promi-Zeugen kündigt das Gericht überraschend ein Zwischenfazit an. Alles ist möglich.
Im Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff will das Landgericht Hannover bereits am 19. Dezember ein erstes Zwischenfazit zum Verlauf des Verfahrens abgeben. Dies kündigte Richter Frank Rosenow überraschend am Ende des fünften Verhandlungstages in Hannover an. Was sich konkret dahinter verbirgt, ließ er jedoch offen. Denkbar ist nach Ansicht von Juristen "das gesamte Spektrum" - Einstellung des Verfahrens mit Freispruch, weitere Fortsetzung des Prozesses oder Abschluss gegen Geldauflage.
Die Verteidigung von Wulff wollte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu äußern. Auch die Staatsanwaltschaft Hannover hielt sich bedeckt: "Wir werden dies nicht kommentieren", sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel. Bislang sind bis April 22 Verhandlungstage angesetzt. In der kommenden Woche soll Wulffs inzwischen von ihm getrennt lebende Ehefrau Bettina vernommen werden.
Mit dem Verleger Hubert Burda und der Schauspielerin Maria Furtwängler sagten die ersten prominenten Zeugen vor Gericht aus. Bei der Befragung konnten sich beide nicht mehr an das damalige Konsumverhalten Wulffs erinnern. "Das weiß ich beim besten Willen nicht mehr", sagte Furtwängler auf entsprechende Nachfragen des Vorsitzenden Richters. Furtwängler hatte Wulff nach eigenen Angaben Monate zuvor bei einem privaten Abendessen in dessen Wohnung erstmals getroffen: "Der Ministerpräsident wollte gerne die Tatort-Kommissarin kennenlernen." Es sei eine "sehr nette Einladung" gewesen. Bei der Gelegenheit sei auch die gemeinsame Teilnahme an dem Oktoberfestbesuch verabredet worden.
Vier entscheidende Sätze
An den für den Prozess relevanten Oktoberfestbesuch im Jahr 2008 konnte sich Furtwängler dann nicht mehr erinnern. Die Aussage Burdas könnte Wulff hingegen helfen, da sie dessen Argumentation vom Tag der Prozesseröffnung stützt. Er habe sich mit Wulff ganz kurz über Medienpolitik unterhalten, sagte Burda. "Vier, fünf Sätze. Dann wurde es lauter, dann kann man beim Oktoberfest nicht mehr viel reden."
Wegen dieses - wenn auch sehr kurzen - dienstlichen Hintergrunds wäre Wulff durchaus berechtigt gewesen, die Kosten über das Land abzurechnen. Er hätte damit keinen Grund gehabt, sich einladen zu lassen. Auch Wulff hatte zu Beginn des Korruptionsprozesses gesagt, dass er sich am Oktoberfest-Wochenende in München mit Burda getroffen und über Medienpolitik gesprochen habe.
Dem Ex-Bundespräsidenten wird vorgeworfen, dass er sich den Hotelaufenthalt in München teilweise von dem Filmfinancier David Groenewold bezahlen ließ. Insgesamt geht es um eine Summe von rund 720 Euro für Hotel und Essen. Wulff betonte, er habe erst Anfang 2012 erfahren, dass Groenewold für ihn diese Kosten übernommen habe. Im Gegenzug soll sich Wulff für ein Filmprojekt Groenewolds eingesetzt haben.
Zwischenbilanz vor Weihnachten
Burda betonte, er habe mit Wulff in seiner Eigenschaft als Präsident der Zeitschriftenverleger über den Rundfunkstaatsvertrag reden wollen. Die öffentlich-rechtlichen Sender hätten 2008 ihr Online-Angebot so ausbauen wollen, dass es für die Verleger hätte gefährlich werden können, sagte Burda. "Der Wulff war jemand, bei dem wusste ich, der hat's kapiert."
Viele Prozessbeobachter bewerten das vom Gericht angekündigte Zwischenfazit als ein möglicherweise vorgezogenes Ende des seit dem 14. November laufenden Verfahrens. Einige der ersten Zeugen - darunter Mitarbeiter des Hotels "Bayerischer Hof" in München - hatten genau wie Burda in ihren Aussagen die Darstellung von Wulff gestützt. Demzufolge sei es durchaus möglich gewesen, dass er nichts von der Teilkostenübernahme durch Groenewold mitbekommen habe.
Quelle: ntv.de, sba/dpa