Politik

Tornados, Tiefflug, Panzer G8-Gegner im Visier

Der Einsatz von Tornado-Flugzeugen beim G8-Gipfel in Heiligendamm hat zwei Wochen nach dem Ereignis erneut für Furore gesorgt. Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass ein Tornado-Pilot die Mindestflughöhe von 150 Metern unterschritten hat.

Der Jet - der mit anderer Ausrüstung auch in Afghanistan eingesetzt wird - sei am 5. Juni wegen der Wolkendecke auf Sicht geflogen, sagte ein Ministeriumssprecher. In verschiedenen Medien wurde berichtet, der Pilot sei in einer Höhe von etwa 110 Metern auch über ein Camp geflogen, in dem sich Gipfelkritiker niedergelassen hatten.

Ferner wurde bekannt, dass während des Gipfels (7./8. Juni) auch zehn gepanzerte Spähwagen vom Typ "Fennek" mit speziellen Aufklärungskapazitäten eingesetzt waren. Der Einsatz der Flugzeuge wie der Spähwagen sei auf Bitten um Amtshilfe des Landes Mecklenburg-Vorpommern erfolgt, sagte der Sprecher.

Disziplinarverfahren möglich

Die "Fennek"-Panzer seien unbewaffnet und auch nicht an Brennpunkten der Demonstrationen tätig gewesen, hieß es weiter. Die Besatzungen hätten keine Fotos gemacht, sondern das Gelände beobachtet. Laut "Handbuch der Bundeswehr" haben die gepanzerten Fahrzeuge drei Soldaten als Besatzung und verfügen über eine High-Tech-Ausrüstung zur Bodenbeobachtung.

Ob gegen den Piloten des zu tief geflogen Tornados ein Disziplinverfahren eröffnet werde, sei von den laufenden Untersuchungen abhängig, sagte der Sprecher. Es gebe gegenwärtig auch keine Erkenntnisse, dass er bei seinem Tiefflug über dem Camp den besonders lauten so genannten Nachbrenner eingeschaltet habe. Mit dem Nachbrenner erhält das Flugzeug - beispielsweise beim Durchstarten - zusätzlichen Schub.

Jung beruft sich auf Witterungslage

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat den umstrittenen Einsatz von tief fliegenden Luftwaffen-Tornados gerechtfertigt. Der Tiefflug über die Köpfe von Demonstranten hinweg "war keine Provokation, sondern die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat uns um Amtshilfe gebeten," sagte er der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse".

"Nach derzeitigem Stand hat es die Witterungslage offenbar erforderlich gemacht, im Sichtflug zu fliegen. Deshalb sind die Maschinen an diesem Tag unterhalb der Wolkendecke geflogen", sagte Jung der Zeitung.

Gang nach Karlsruhe?

Das Ministerium informierte am Mittwoch sowohl den Innen- als auch den Verteidigungsausschuss des Bundestags über die Vorgänge. Grüne und Linke teilten darauhin mit, sie zögen es in Betracht, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Ihr innenpolitischer Sprecher Wolfgang Wieland sagte dem Berliner "Tagesspiegel", es müsse verhindert werden, dass Innenminister Wolfgang Schäuble die Bürger an einen Einsatz der Armee im Innern gewöhne.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, der Einsatz sei über die zulässige Amtshilfe für die Polizei hinaus gegangen. "Hier versucht man gezielt, die Koordinaten der Verfassung zu verschieben." Verteidigungsminister Jung empfahl Beck einen "verfassungsrechtlichen Crashkurs".

Die Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, regte einen gemeinsamen Gang mit den Grünen nach Karlsruhe an. Bei ihrem Einsatz um den G-8-Tagungsort in Heiligendamm sei die Bundeswehr "nicht in der zweiten Reihe gewesen", sagte sie zur Begründung.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz beklagte eine "einschüchternde Zwangswirkung" durch den Tornado-Einsatz. Dies müsse aber der Verfassung entsprechend ausgeschlossen werden, wenn die Polizei Amtshilfe von der Bundeswehr anfordere. Auch den einsatz der Spähpanzer bezeichnete der SPD-Politiker als gesetzeswidrig.

Quelle: ntv.de

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