Politik

Historisch und unzureichend G8 und das Klima

Zwar haben die führenden Industriestaaten der Erde und große Volkswirtschaften wie China und Indien im Kampf gegen den Klimawandel einen großen Schritt aufeinander zugemacht - doch konkrete mittelfristige Ziele und Finanzzusagen für Entwicklungsländer gibt es nicht.

Obama sprintet mit Verspätung zum Familienfoto.

Obama sprintet mit Verspätung zum Familienfoto.

(Foto: AP)

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die von den G8-Staaten vereinbarten Ziele im Kampf gegen den Klimawandel als "unzureichend" kritisiert. Die G-8 hätten eine "einmalige Gelegenheit" nicht genutzt, den Kampf gegen den Klimawandel voranzutreiben und mittelfristige Reduktionsziele zu formulieren. "Das Klima-Problem bringt eine Verantwortung mit sich, die historisch und zwingend für die Zukunft unseres Planeten ist", betonte Ban am Rande des G8-Gipfels im italienischen L'Aquila. Die führenden Industriestaaten und Russland hatten beschlossen, die globale Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Keine Verständigung gab es allerdings über konkrete Klimaschutzziele.

Dem "Zwei-Grad-Ziel" schließen sich die übrigen acht wichtigsten Volkswirtschaften der Erde an: China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, außerdem Australien, Südkorea und Indonesien. Dänemark ist als Gastgeber der Klimakonferenz im Dezember und als 17. Land Teil dieses so genannten MEF-Prozesses ("MEF - Major Economies Forum"). Die G8 wollen in Kopenhagen durchsetzen, dass bis 2050 alle Nationen den Ausstoß gefährlicher Treibhausgase um die Hälfte verringern. Für die Industriestaaten hätte das zur Folge, dass diese ihren Ausstoß der Treibhausgase bis 2050 um 80 Prozent oder mehr verringern müssten.

US-Präsident Barack Obama sprach von einem "historischen Konsens" in L'Aquila. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist klar, dass nach dem Gipfelbeschluss die eigentlichen Mühen erst anfangen. "Da ist noch eine Menge Arbeit zu leisten, was mittelfristige Zielsetzungen anbelangt", sagt sie. Für die Kanzlerin bedeuten die Gipfel-Vereinbarungen aber ebenfalls eine "Trendwende".

"Historische Verantwortung" der USA

Südafrikas Präsident Jacob Zuma reist mit einem Elektromobil an.

Südafrikas Präsident Jacob Zuma reist mit einem Elektromobil an.

(Foto: REUTERS)

"Wir waren uns einig, dass die entwickelten Länder eine Verantwortung haben, die Führung zu übernehmen", sagte Obama. Ausdrücklich räumte er auch die Mitverantwortung seines Landes am Klimawandel ein. "In der Vergangenheit haben die USA es oft versäumt, ihrer Verantwortung nachzukommen", sagte der Präsident. Washington habe daher eine "historische Verantwortung" für die Bekämpfung des Treibhausgas-Ausstoßes. Industriestaaten und Schwellenländer müssten dabei zusammenarbeiten.

EU hat bereits mittelfristiges Reduktionsziel

Die EU habe bereits ein mittelfristiges Reduktionsziel verabschiedet, erinnerte Merkel. Sie will die Emissionen bis 2020 um 20 Prozent reduzieren, wenn es ein internationales Abkommen gibt, auch um 30 Prozent. "Ich denke, die USA werden auch dazu kommen", sagte Merkel. Auch Australien und Japan sind ihrer Ansicht nach auf gutem Weg.

Unterschiedliche Sichtweisen

Berlusconi probt die Wirkung seines Auftritts.

Berlusconi probt die Wirkung seines Auftritts.

(Foto: REUTERS)

Umweltschutzorganisationen haben die Klimaziele übereinstimmend als unzureichend kritisiert. Positive Reaktionen kamen dagegen aus den Reihen der Klimaforscher. Für Greenpeace gehen die Zusagen des G8-Gipfels dagegen nicht weit genug. "Wir haben erwartet, dass es hier Aussagen gibt sowohl zu schnellen Reduktionen von CO2 in den G8-Staaten – bis 2020 um 40 Prozent – als auch um Finanzzusagen für Klimaschutz in Entwicklungsländern", sagte Klimaexperte Tobias Münchmeyer bei n-tv. "Nichts davon ist geschehen. Von daher sind wir sehr enttäuscht und sehen die G8-Chefs Merkel, Obama und Co. als gescheitert an."

Eine Erwärmung von zwei Grad Celsius sei die Marke, die die Wissenschaft vorgebe. "Wenn wir darüber liegen, haben wir es mit so genanntem katastrophalem Klimaschutz zu tun", so Münchmeyer. Dann drohten deutlich mehr Hurricanes und Überflutungen. "Das muss vermieden werden. Das ist keine Greenpeace-Maximalforderung, sondern das ist das, was die Wissenschaft vorgibt. Die Länder müssen jetzt handeln, und das, was wir jetzt sehen hier in L'Aquila, ist bis jetzt nicht dem gerecht geworden."

Germanwatch kritisierte, die Beschlüsse seien nur ein "Durchbruch im Denken, nicht im Handeln". Bislang hätten die G-8 nicht deutlich gemacht, wie sie die Schwellenländer in ihren Anpassungsbemühungen zum Klimaschutz finanziell unterstützen wollen. Der BUND sprach sich in dafür aus, Sanktionen gegen Länder einzuführen, die ihre Klimaziele missachten.

Weg von Kohle, Öl und Gas

Aus Sicht des Potsdamer Klimaforschers Stefan Rahmstorf hat der G8-Gipfel entscheidende Fortschritte beim Klimaschutz gebracht. Wichtig sei vor allem, dass die Energieversorgung bis 2050 weitestgehend weg von Kohle, Öl und Gas kommen soll, sagte der Forscher der Deutschen Presse-Agentur. "In dem Beschluss wird eine Minderung von mindestens 80 Prozent genannt. Damit erkennen die G8-Staaten an, dass auch mehr notwendig werden könnte."

Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hat die Einigung auf gemeinsame Ziele als Durchbruch bewertet. Die Vereinbarung, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, sei ein entscheidender Schritt, um Klimaschutzziele für einzelne Länder zu berechnen, sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung in einem Interview.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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