Politik

"Etwas Chaos" Gaddafi will Libyen reformieren

Bei den Feiern zum 39. Jahrestag seiner Machtübernahme hat der libysche Staatschef Muammar el Gaddafi gewagte politische und wirtschaftliche Reformen in seinem Land angekündigt. Ab dem kommenden Jahr würden im Kampf gegen die Korruption alle Ministerien bis auf die Ressorts für Äußeres, Verteidigung und Sicherheit abgeschafft, sagte Gaddafi in der Mittelmeerstadt Benghasi.

Zugleich solle die Bevölkerung stärker an den Öleinnahmen des Landes beteiligt werden. Gaddafi begann seine Ansprache vor dem Volkskongress, der die Funktion des libyschen Parlamentes ausübt, um Mitternacht und beendete sie erst in den Morgenstunden.

Jeder bekommt Ölgeld

"Ihr werft den Ministerien immer Korruption und Misswirtschaft vor", sagte Gaddafi. Da die Beschwerden über durch Behörden veruntreute Ölgelder kein Ende nähmen, solle jeder Bürger seinen Anteil an den Einnahmen aus dem Ölgeschäft erhalten und damit selbst zurechtkommen. Verwaltungsabbau sei die Lösung im Kampf gegen Korruption, sagte der Revolutionsführer, der sich für eine "Volksverwaltung" und direkte Demokratie aussprach.

Angst vor den Veränderungen müssten die Libyer nicht haben. Zwar werde es in den ersten Jahres "etwas Chaos" geben, aber die Gesellschaft werde sich Stück für Stück neu organisieren, sagte Gaddafi.

Derzeit ist unklar, inwieweit Gaddafi seine Ankündigung tatsächlich umsetzen wird. Gaddafi hatte bereits im März einen großangelegten Bürokratieabbau versprochen, ohne dass sich seitdem etwas getan hätte. Die Feiern zum Jahrestag der Revolution hatten am Samstagabend im etwa 1000 Kilometer östlich von der Hauptstadt Tripolis gelegenen Beghasi mit Militärparaden und Feuerwerk begonnen. Oberst Gaddafi war am 1. September 1969 in einem Putsch an die Macht gekommen und bestimmt seither als "Führer der Revolution" die Politik.

Politische Erfolge

Gaddafi hat in jüngster Zeit einige Erfolge auf außenpolitischem Parkett verbuchen können. Am Wochenende unterzeichnete er mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ein Abkommen, in dem sich die frühere Kolonialmacht zu einer Entschädigung in Milliarden-Höhe für die gut 30 Jahre währende Besatzungszeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verpflichtete. In seiner nächtlichen Rede nannte Gaddafi die Vereinbarung eine "große politische, moralische und materielle Errungenschaft".

Außerdem soll Condoleezza Rice im Laufe der Woche als erste US-Außenministerin seit 25 Jahren zu einem historischen Besuch in Tripolis eintreffen. "Die Akte USA ist abgelegt", erklärte Gaddafi in seiner Rede. Allerdings stellte er klar, dass er keine Freundschaft mit Washington wolle. "Wir wollen, dass sie uns in Ruhe lassen", sagte Gaddafi. Beide Länder hatten im August ein Abkommen zur gegenseitigen Entschädigung von Opfern der Auseinandersetzungen zwischen den USA und Libyen in den 1980er Jahren unterzeichnet.

Quelle: ntv.de

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