Politik

"Spuren des Vergewaltigers" Gaddafis Doppelleben

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Antonia Rados ist bei RTL die Frau für besondere Einsätze. Die 58-jährige Kennerin des arabischen Raums trifft sich im März 2011 mit dem libyschen Herrscher Gaddafi zu einem seiner letzten Interviews vor der Befreiung des Landes und Gaddafis Tod im Oktober. Kurz darauf wird Rados auf eine Geschichte aufmerksam, die sie nicht mehr loslässt.

Nach Recherchen des Fernsehsenders RTL soll der ehemalige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi systematisch Frauen vergewaltigt haben. Die bereits mehrfach ausgezeichnete interviewte während der Unruhen in seinem Land. Bei weiteren Gesprächen im Umfeld Gaddafis hört Rados Geschichten aus dem nordafrikanischen Land, die einer tiefgehenden Recherche bedürfen. Die Reporterin spricht mit ehemaligen Leibwächtern und Opfern des Vergewaltigers Gaddafi.

Die Reportage nennt der Sender "Das Doppelleben des Diktators – Antonia Rados auf den Spuren des Vergewaltigers Muammar al-Gaddafi". Die Journalistin wurde nach RTL-Angaben von einem Taxifahrer in Tripolis zu der Recherche angeregt. Dem Mann fehlte eine Hand. "Er erzählte mir, Gaddafis Helfer wollten ein Mädchen entführen, er aber habe es beschützt", berichtet Rados. "Dafür wurde ihm zur Strafe die Hand zertrümmert." Die Erzählung des Taxifahrers vor einem Jahr habe sie zuerst unvorstellbar gefunden, "doch im Laufe meiner Recherchen hat sich leider alles bestätigt, was er mir damals erzählte".

Bis zum Sturz des Diktators fuhr sie noch weitere vier Mal nach Libyen. "Je mehr wir nachforschten, desto unglaublicher wurde es", sagt Rados, die laut RTL mit Gaddafis ehemaligen Leibwächtern und Vergewaltigungsopfern sprach. "Es gab viele Frauen, die Gaddafi bewunderten und ihn treffen wollten. Dann vergewaltigte er sie. Wir erfuhren von vielen neuen Opfern – es sprengte beinahe die Vorstellungskraft."

Viele schwiegen aus Angst vor Rache

Als Rados in die Stadt Sawia in Westlibyen reiste, traf sie weinende Männer an. Sie berichteten von Erpressungen, von Jahren der Schande. Doch niemand habe darüber reden können. Eine Koranlehrerin kommt bei Rados zu Wort mit der Aussage: "Damals wagte keines dieser Mädchen zu sagen, sie sei von Gaddafi vergewaltigt worden. Man hätte sie umgebracht." Und eine junge Frau klagt an: "Uns holten die Leibwächter im Heim ab und brachten uns mit einem Wagen zu ihm. Sie sperrten uns in einen Raum. Al-Gaddafi kam dann irgendwann. Wir waren seine Gespielinnen. Er war ein schlechter Mensch – dreckig, gewalttätig. Ich weiß, wovon ich spreche."

Eine weitere Zeugin ist eine Lehrerin, die von einer verächtlichen Geste Gaddafis berichtet: "Jeder wusste, dass Gaddafi eine Frau antippte, wenn er sie haben wollte." Dieser Fingerzeig sei für den Geheimdienst immer der konkrete Hinweis gewesen, genau diese Frau zu ihm zu bringen. Auch internationale Geschäftsleute sollen von den Vorlieben Gaddafis gewusst haben: Sie hätten Escort-Girls als Gastgeschenk mitgebracht, um den Despoten leichter zu Geschäften zu bewegen.

"Es war eine sehr schwierige Recherche", sagt Rados. "Gaddafi hatte sich gegenüber den Frauen wohl wie ein mittelalterlicher Feudalherr aufgeführt, der keine Rücksicht darauf nahm, wie alt oder wie jung eine Frau war. Wenn er sie haben wollte, dann nahm er sie sich." Bis heute, ein halbes Jahr nach dem Tod des Diktators, darf Gaddafi in Libyen nicht beschuldigt werden, ein Vergewaltiger zu sein.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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