Politik

Vorratsdatenspeicherung Gang nach Karlsruhe

Die Gegner der Massenspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten haben beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das von Neujahr an rechtskräftige Gesetz eingereicht. Das teilte der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" in Karlsruhe mit.

Außerdem beantragen die Kritiker, die Datensammlung wegen "offensichtlicher Verfassungswidrigkeit" durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Für die Beschwerde lägen Vollmachten von rund 30.000 Bürgern vor, hieß es. Sie wäre damit die größte in der Geschichte der Bundesrepublik.

Das Gesetz zur Überwachung der Telekommunikation und der Speicherung von Daten auf Vorrat war am vergangenen Mittwoch von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet worden und soll zum 1. Januar in Kraft treten. Um gegen Terrorverdächtige besser ermitteln zu können, werden Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger künftig ein halbes Jahr lang gespeichert und neue Regeln für die Telefonüberwachung eingeführt. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält die Maßnahme für "einen gravierenden Eingriff in die Grundwerteordnung des Rechtsstaates", jeder Bürger werde ohne Grund wie ein potenzieller Straftäter behandelt.

Bei der Datenspeicherung wird eine EU-Vorgabe umgesetzt, die die Staaten nach den Terroranschlägen von Madrid 2004 beschlossen hatten. Die Attentäter hatten damals vor den Anschlägen telefoniert - die Speicherung der Verbindungsdaten sollen Fahnder zu Hintermännern führen. Erfasst werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung, bei Handys auch der Standort zu Beginn des Gesprächs. Die Internetdaten werden ab 2009 festgehalten. Nicht gespeichert wird der Inhalt.

Telefone können künftig auch bei Korruptionsdelikten, gewerbs- oder bandenmäßigem Betrug, schweren Steuerdelikten, Menschenhandel oder auch Verbreitung von Kinderpornografie abgehört werden. Es gilt der Richtervorbehalt. Kritiker bemängeln, der Kernbereich privater Lebensführung könne beim Abhören anders als vorgeschrieben gar nicht geschützt werden, da die Gesprächsthemen am Telefon zu schnell wechselten. Einen absoluten Schutz haben Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete. Andere Gruppen wie Ärzte, Journalisten und die übrigen Anwälte erhalten einen relativen Schutz. Maßnahmen gegen diese Gruppen sind nach Abwägung der Verhältnismäßigkeit zulässig.

Quelle: ntv.de

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