Politik

20 Millionen Wähler beschenkt Garantie für Renten

Das Bundeskabinett hat die erweiterte Rentenschutzklausel beschlossen. Mit der Entscheidung soll sichergestellt werden, dass die Renten für die rund 20 Millionen Ruheständler auch bei rückläufigen Löhnen nicht sinken. Allerdings sollen die Renten künftig langsamer steigen, um die Mehrausgaben auszugleichen.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz verteidigte nach der Kabinettssitzung die Rentengarantie als Maßnahme zur Vertrauensbildung. Mit dem Gesetz werde sichergestellt, dass die Renten auch in Krisenzeiten nicht gekürzt würden, sagte Scholz. "Darauf kann man sich verlassen." Die Garantie sei dank der Reformen der vergangenen Jahre möglich. DieRentenfinanzen seien "wieder in Ordnung", Deutschland sei für die demografischen Herausforderungen gerüstet. Die Rücklagen derRentenkassen lägen derzeit bei 16 Milliarden Euro, die Beitragseinnahmen seien stabil.

"Wer in die Rentenversicherung einzahlt, muss wissen, dass er sich auf die Renten auch verlassen kann", begründete der Arbeitsminister die Gesetzesinitiative. "Das ist eine Frage desVertrauens." Wenn einige Unsicherheit und Angst schürten, seidieses Vertrauen in die Rentenversicherung gefährdet.

Vereinbarung von Merkel und Scholz

Das Gesetzesvorhaben geht auf eine Vereinbarung von Scholz und Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ohne den Schutz der Renten vor allem die massenhafte Kurzarbeit in Verbindung mit niedrigeren Einkommen für sinkende Alterseinkünfte sorgen könnte.

Scholz hatte vorige Woche nach Rücksprache mit Merkel den Ausschluss von Rentenkürzungen vorgeschlagen und damit vor allem die Union überrascht. Diese hatte zunächst nur für 2010 erklärt, die Renten nicht zu kürzen.

Verstecktes Nullsummenspiel?

Falls 2010 eine Kürzung rechnerisch nötig wäre, sollen Rentenerhöhungen ab 2011 solange halbiert werden, bis eine unterbliebene Rentenkürzung ausgeglichen ist. Allerdings geht die Regierung davon aus, dass die Regel nicht zum Tragen kommen muss. Sie rechnet - anders als Forschungsinstitute - in diesem Jahr trotz Wirtschaftskrise und millionenfacher Kurzarbeit nicht mit einem sinkenden Durchschnittslohn, der bei der Rentenanpassung zugrunde gelegt wird.

Kritik am Kurs

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther, meldete Zweifel an der Nachhaltigkeit der geplanten Regelung an: Die Entscheidung der Bundesregierung habe vor allem wahltaktische Gründe, sagte er im ZDF. Dauerhaft werde sich die Politik nicht auf diesen Weg begeben.

Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer warnte in der "Passauer Neuen Presse" vor der Gefahr jahrelanger Renten-Nullrunden. "Die Schutzklausel gegen Rentenkürzung ist keine Garantie zum Nulltarif. Sie kann mit jahrelangen Nullrunden verbunden sein", sagte Bauer. "Bereits jetzt ist Gesetz, dass Kürzungen, die durch das Aussetzen des Riester-Faktors 2008 und 2009 vermieden wurden, ab 2012 nachgeholt werden sollen. Das gilt durch die Schutzklausel nun auch für Einschnitte bei der Rente aufgrund sinkender Lohnsummen."

Linken-Chef Oskar Lafontaine warf der Bundesregierung vor, mit ihrer Schutzklausel eine reale Kürzung der Altersgelder vorzubereiten. Durch eine Wiederherstellung der alten Rentenformel müsse sichergestellt werden, dass die Bezüge zukünftig nicht erneut hinter die Lohnentwicklung zurückfallen, erklärte der Partei- und Fraktionschef der Linken.

Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß verteidigte dagegen die Pläne der Regierung. Er sagte im Deutschlandfunk, mit der Schutzklausel werde der Verunsicherung vorgebeugt. "Rentner wollen ein klare Ansage haben", so Weiß. Nullrunden seien angesichts der Finanzkrise nicht ausgeschlossen. "Aber vor Minusrunden kann man schützen".

Wahlkampf in der Krise

Die Spitze der Unionsfraktion hat bereits grünes Licht für die Neuregelung gegeben. Der Sozialverband VdK und die IG Metall verlangten die Rücknahme beziehungsweise Aussetzung der Rente mit 67. Die Regelaltersgrenze für den Renteneinstieg soll von 2012 bis etwa 2030 von jetzt 65 auf 67 Jahre angehoben werden.

Mit der Schutzklausel gegen Kürzungen für die 20 Millionen Rentner will Scholz vor allem der Gefahr vorbeugen, dass die Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel sich mitten in der Krise negativ auf die Renten auswirken. Dafür könnte vor allem die millionenfache Kurzarbeit in Verbindung mit sinkenden Löhnen sorgen. Die Regierung sieht durch die Schutzklausel das Prinzip der lohnbezogenen Rente "im Grundsatz gewahrt". Motiv für den Verzicht auf Rentenkürzungen sind aber auch nicht zuletzt wahltaktische Gründe, da die Rentner eine wichtige Wählergruppe darstellen.

Quelle: ntv.de

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