EU zahlt für 360.000 Liter Öl Gazastreifen wieder mit Strom
22.08.2007, 12:12 UhrVon n-tv-Korrepondent Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Die Stromversorgung des Gazastreifens soll bis zum Mittwochabend wieder voll funktionieren. Dies sagte Kanan Ubeid, Verantwortlich für Energieversorgung im Gazastreifen. Am Morgen brachten nach fast einwöchiger Unterbrechung wieder Lastwagen Schweröl für die Stromherstellung zum Grenzübergang Nahal Oz. Nach einer Absprache mit der palästinensischen Regierung in Ramallah zahlte die EU das Geld für 360.000 Liter Öl. Nach palästinensischen Angaben reicht diese Menge für bis Freitag.
Zwischen der Fatah-Partei in Ramallah und der Hamas in Gaza tobt derweil ein Propagandakrieg wegen angeblicher Entwendung der Gelder der Stromgesellschaft in Gaza durch die Hamas. Die Fatah redet von Korruption und Diebstahl. Die Hamas dementiert.
Die Europäer stimmten einer Erneuerung der Öllieferungen unter der Bedingung zu, dass die Finanzen "durchsichtig geprüft" würden. Unklar ist, wie die Regierung in Ramallah das versprechen kann, da sie keinen Einfluss mehr in dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen hat.
Ein Diplomat der EU, der namentlich nicht genannt werden wollte, erklärte gegenüber n-tv, dass die offizielle Erklärung der EU zur Erneuerung der Öllieferungen auch eine klare Drohung an die Hamas enthalte. Sollte die EU erfahren, dass Gelder missbraucht, also nicht der palästinensischen Bevölkerung zugute kommen, sondern von der Hamas für ihre Zwecke verwendet würden, werde die Ölzufuhr augenblicklich wieder gestoppt.
Grundsätzlich zahlt die EU keine Gelder an die Betreiber des Kraftwerks in Gaza, sondern nur an die israelischen Lieferanten des Öls. Auf die Frage, wie denn unter diesen Umständen EU-Steuergelder von der Hamas missbraucht werden könnten, sagte der Diplomat: "Nur etwa zehn Prozent der Stromkunden im Gazastreifen bezahlen ihre Rechungen. Es gibt Gerüchte, dass Hamaskämpfer von Tür zu Tür gehen und Bezahlung für den Strom einziehen. Doch das eingezogene Geld stecken sich die Hamas-Leute in die eigene Tasche, anstatt es den Betreibern des Kraftwerks zukommen zu lassen." Der Diplomat sagte allerdings, dass er keine Beweise für diese Behauptungen habe. "Es gibt Möglichkeiten, herauszufinden, ob diese Methoden auch jetzt fortgeführt werden, nach der Erneuerung der Lieferungen. In dem Fall würden wir sofort alles wieder stoppen."
Derweil griffen am Mittwochmorgen Kämpfer der Hamas und des Dschihad Islami die Grenzübergänge Kerem Schalom, über den die UNO ihre humanitären Hilfsgüter in den Gazastreifen transportiert, und den Übergang Nahal Oz mit Mörsergranaten an. Über Nahal Oz gelangt das Öl für das Kraftwerk in den Gazastreifen.
Der stellvertretende israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben Eliezer (Arbeitspartei) drohte indes erneut, die Stromzufuhr aus dem israelischen Kraftwerk Rutenberg bei Aschdod zu sperren, falls die Raketenangriffe auf das Kraftwerk nicht augenblicklich gestoppt würden. Israel deckt über 70 Prozent des Strombedarfs im palästinensischen Gazastreifen, während das zeitweilig wegen des Finanzierungsstopps der EU stillgelegte Kraftwerk nur ein Viertel des benötigten Stroms liefert. Kämpfergruppen der Hamas wie der Organisation Islamischer Dschihad übernahmen die Verantwortung für die Angriffe auf die Grenzübergänge und einen Raketenangriff auf das Kraftwerk im Süden von Aschdod. Die israelische Luftwaffe flog Angriffe auf die Stellungen, von denen aus die Granaten und Raketen abgeschossen wurden. Insgesamt fünf Palästinenser wurden dabei getötet.
Quelle: ntv.de