EU-Sanktionen gegen Elfenbeinküste Gbagbo-Anhänger kündigen Angriff an
29.12.2010, 23:00 Uhr
Die Blauhelme der UN in Abidjan sichern auch das Hauptquartier Ouattaras.
(Foto: AP)
Zwei Männer beanspruchen in Elfenbeinküste den Wahlsieg für sich, dem afrikanischen Land droht deshalb ein Bürgerkrieg. Während ein Vermittlungsversuch scheitert, kündigt die EU weitere Sanktionen an - und die Anhänger des abgewählten Staatschefs wollen den Gegner einfach überrennen. Trotz Schutzes der UN-Friedenstruppen.
Angesichts des Machtkampfes in Elfenbeinküste verstärkt die EU ihren Druck auf den abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo. Sie weitete ihre Liste mit Einreiseverboten gegen Gbagbo und sein Regime von bisher 19 auf 61 Personen aus. Deren Vermögen in Europa sollten bald eingefroren werden, berichtete die EU-Kommission.
Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS scheiterte unterdessen mit dem Versuch, in der Elfenbeinküste zu vermitteln. Eine ECOWAS-Delegation konnte Gbagbo auch durch Androhung einer Militärintervention nicht zum Rücktritt bewegen. Die internationale Gemeinschaft sieht in Alassane Ouattara den rechtmäßigen Sieger der Präsidentschaftswahl von Ende November.

Gbagbo (rechts) mit den westafrikanischen Präsidenten Yayi, Pires und Koroma (von links).
(Foto: AP)
Aufgeben wollen die Staatschefs von Benin, Sierra Leone und den Kapverdischen Inseln aber noch nicht: Am 3. Januar will ihr Vermittlungsteam nach Abidjan zurückkehren und die Gespräche fortsetzen, wie der nigerianische Präsident und derzeitige ECOWAS-Vorsitzende Goodluck Jonathan ankündigte. Es wird befürchtet, dass der Konflikt die Elfenbeinküste in einen neuen Bürgerkrieg stürzen könnte.
UN-Truppen sichern Hauptquartier
Anhänger Gbagbos drohten offen damit, das Hauptquartier Ouattaras in einem Hotel in Abidjan zu stürmen. Am Neujahrstag werde die "Jugend der Elfenbeinküste" das Golf-Hotel "mit bloßen Händen befreien", kündigte Jugend- und Arbeitsminister Charles Blé Goudé vor einer jubelnden Menge an. Dabei könnte es zum Konflikt mit der UN kommen, die das Hotel derzeit mit Friedenstruppen sichert. "Das ist der Moment, die Elfenbeinküste zu befreien", sagte der berüchtigte Anführer der radikalen Bewegung Junge Patrioten. "Wir sind bereit für diese Elfenbeinküste zu sterben." Goudé hatte 2004 blutige antifranzösische Unruhen angezettelt und war dafür mit UN-Sanktionen belegt worden.
Die Mission der Vereinten Nationen in der Elfenbeinküste (UNOCI) beklagte unterdessen "Propaganda" und "Hassaufrufe" gegen die Blauhelme im staatlichen ivorischen Fernsehen. Der Sender RTI stachele mit seinen Erklärungen die Bevölkerung an, sich gegen die UN-Truppe zu wenden und wecke Hass, sagte der für Friedensmissionen zuständige UN-Vertreter Alain Leroy. Leroy hält sich seit Montag in der Elfenbeinküste auf. In einem Stadtteil Abidjans hatte am Dienstag eine wütende Menge Fahrzeuge eines UN-Konvois vorübergehend in ihre Gewalt gebracht, ein Blauhelm wurde verletzt.
Die EU machte deutlich, dass sie geschlossen vorgeht und die Mitgliedstaaten nur noch diplomatische Vertreter des international unterstützten Siegers der Präsidentenwahl, Alassane Ouattara, anerkennen will. Darauf habe man sich kürzlich in Brüssel geeinigt, sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums. Bei der EU-Kommission hieß es, die Union folge mit dieser Linie den Vereinten Nationen (UN).
Gbagbo: "Internationale Verschwörung"
In Paris wird derzeit ein neuer Botschafter akkreditiert. Die belgische Regierung hatte schon vor Tagen signalisiert, dass sie die von Ouattara ernannte neue Geschäftsträgerin anerkennen werde. Jonathan sagte zu dem Vermittlungsversuch: "Wir reden noch." Er fügte hinzu: "Der Dialog wird fortgesetzt und daher ermutigen sie (die Konfliktparteien) uns, zurückzukehren." Die Staatengemeinschaft hofft, mit ihrer Initiative einen Bürgerkrieg zwischen Anhängern Gbagbos und Ouattaras zu verhindern.
Ein Sprecher Gbagbos bezeichnete die ECOWAS-Initiative im britischen Sender BBC als Teil der "internationalen Verschwörung". Er selbst sei der demokratisch gewählte Präsident, sagte Gbagbo. Zudem drohte seine Regierung mit der Ausweisung von Diplomaten der Staaten, die Gbagbo nicht anerkennen. Ein Sprecher Ouattaras hatte nach Gesprächen mit den ECOWAS-Vermittlern betont, die Präsidentschaft Ouattaras sei nicht verhandelbar. Es könne nur Gespräche über die Entfernung Gbagbos aus dem Amt geben.
Sowohl ECOWAS als auch die Afrikanische Union haben die Zusammenarbeit mit dem westafrikanischen Staat ausgesetzt, solange Gbagbo das Amt nicht räumt. Während die Regierungstruppen weiterhin Gbagbo die Treue halten, kann sich Ouattara auf die ehemaligen Rebellen des 2003 beendeten Bürgerkriegs stützen.
Der Machtkonflikt in Elfenbeinküste beeinflusst zunehmend auch das Leben der Bevölkerung. Viele Straßen der Wirtschaftsmetropole Abidjan waren auch am Mittwoch verlassen. Innerhalb weniger Tage haben sich die Preise für Gr undnahrungsmittel mehr als verdoppelt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP