Krise in der Elfenbeinküste Gbagbo bekräftigt Amtsanspruch
22.12.2010, 08:10 UhrIn der Elfenbeinküste ist keine Entspannung der aufgeheizten Stimmung in Sicht. Erstmals bekräftigt der umstrittene amtierende Präsident Gbagbo bei einer TV-Ansprache seinen Amtsanspruch. Die USA verhängen gegen ihn und seine Anhänger Einreiseverbot.
In der politischen Krise der Elfenbeinküste bleiben die Fronten verhärtet. In seiner ersten Fernsehansprache seit dem Beginn des Konflikts untermauerte der selbsternannte Präsident Laurent Gbagbo seinen Anspruch auf das Amt des Staatschefs. Das Lager seines Herausforderers Alassane Ouattara warf ihm hingegen vor, die internationale Gemeinschaft täuschen zu wollen, und forderte seinen Rückzug.
"Ich bin der Präsident der Elfenbeinküste", betonte Gbagbo in seiner Ansprache. Zugleich warf er Ouattara vor, für die Lage in dem westafrikanischen Land verantwortlich zu sein. Die Unruhen seien durch dessen "Weigerung, sich den herrschenden Gesetzen, Regeln und Prozeduren zu unterwerfen", verursacht worden. Ouattara und die internationale Gemeinschaft würden einen "Krieg" gegen die Elfenbeinküste führen und das Recht der Bevölkerung missachten, ihre politischen Anführer selbst auszuwählen.
Zu Untersuchungen bereit
Gbagbo hatte sich erneut als Staatschef vereidigen lassen, obwohl nach der Präsidentschaftswahl Ende November der Oppositionskandidat Ouattara von der Wahlkommission zum Sieger erklärt worden war. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Lagern starben nach UN-Angaben allein Ende vergangener Woche mehr als 50 Menschen. Ouattaras Anhängern zufolge sollen seit Anfang Dezember knapp 200 Menschen erschossen worden sein.
Gbagbo erklärte sich zu einer internationalen Untersuchung der Unruhen bereit. Die Untersuchung solle von der Afrikanischen Union angeführt werden, auch Experten von anderen afrikanischen Staatenbünden, den Vereinten Nationen, der EU und Großmächten wie den USA und Russland sollten an der Untersuchung teilnehmen. "Ich will keinen neuen Krieg, ich will nicht, dass noch mehr Blut meiner Landsleute verschüttet wird", sagte Gbagbo.

"Unser Einsatz wird von Tag zu Tag gefährlicher", meint der Chef der UN-Friedenstruppen in der Elfenbeinküste.
(Foto: AP)
Das Einverständnis zu einer Untersuchung sei kein "ernstgemeintes Angebot zu einem Dialog", sagte Ouattaras Sprecherin, Anne Ouloto. Gbagbo biete der internationalen Gemeinschaft weiterhin die Stirn, obwohl er endlich den Posten des Präsidenten räumen müsse. "Laurent Gbagbo muss einfach nur das Urteil der Wahlen anerkennen und gehen." Ouattara werde das Golf-Hotel in Abidjan nicht wie von Gbagbo gefordert verlassen, ergänzte Ouloto. In der Gegend seien immer noch rund 300 Milizionäre von Gbagbo unterwegs.
Der UN-Menschenrechtsrat will am Donnerstag in einer Sondersitzung über die Lage in der Elfenbeinküste beraten. Wie eine Sprecherin mitteilte, sollen die Mitglieder schon am Mittwochnachmittag zu einem Vorbereitungstreffen zusammenkommen. Der Menschenrechtsrat tritt nur selten zu Sondersitzungen zusammen, verabschiedet dabei aber meist eine Resolution.
"Gbagbo behindert UN-Mission"
Der Chef der UN-Friedenstruppen in der Elfenbeinküste wirft dem Wahlverlierer Laurent Gbagbo massive Behinderungen der UN-Mission vor. "Gbagbos Lager tut alles, um unseren Nachschub an Lebensmitteln und Benzin zu kappen", sagte UN- Untergeneralsekretär Alain Leroy der Zeitung "Le Figaro". Die Lage werde immer heikler und gefährlicher. "Gbagbos Anhänger versuchen, unsere Leute einzuschüchtern, sogar in ihren Wohnungen, damit sie abziehen", sagte er. Zudem lasse er Hassbotschaften und Aufrufe zu Anschlägen gegen die UN-Soldaten im Radio verbreiten. "Es ist brutal", resümierte Leroy.
Nach Einschätzung der UN hat der Ex-Präsident etwa 20 000 Bewaffnete unter sich, nämlich die Armee, die Präsidialgarde, die Polizei und liberianische Söldner. Falls sich die Lage weiter zuspitze, werde die UN-Mission Verstärkung brauchen. Möglicherweise werde man dafür Personal von der UN-Mission in Liberia abziehen, aber das müsse der UN-Sicherheitsrat entscheiden. "Unsere Mission wird von Tag zu Tag gefährlicher, aber wir werden nicht aufgeben", betonte Leroy.
Reisewarnung des Auswärtigen Amtes
Wegen der zunehmend gefährlichen Lage nach der Präsidentenwahl in der Elfenbeinküste warnt das Auswärtige Amt vor Reisen in das westafrikanische Land. Zudem wird allen Deutschen dort die Ausreise empfohlen. Das Personal der deutschen Botschaft sei auf ein Minimum reduziert worden, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.
"Mit einer weiteren Verschlechterung der Sicherheitslage sowie neuen Ausschreitungen und Gewaltausbrüchen muss gerechnet werden, nachdem sich beide Kandidaten nach der Stichwahl zum Wahlsieger erklärt und zum Präsidenten ausgerufen haben", heißt es in der verschärften Reisewarnung. Die Lage in der Elfenbeinküste bleibe bis zur endgültigen Klärung der Machtfrage unvorhersehbar und könne jederzeit auch großflächig in Gewalt umschlagen.
Einreiseverbot in die USA
Unterdessen hat die US-Regierung hat ein Einreiseverbot gegen den amtierenden Präsidenten des westafrikanischen Krisenstaats Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, verhängt. Das Verbot gelte auch für Gbagbos Familie und Mitglieder seines engen Führungszirkels, teilte das Außenministerium in Washington mit.
Gbagbos Absicht, den Wählerwillen zu missachten, setze jahrelange Bemühungen um Aussöhnung und Frieden aufs Spiel, sagte US-Außenamtssprecher Philip Crowley. Das ivorische Volk habe sich für den Oppositionsführer Alassane Ouattara als neuen Präsidenten entschieden.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa