Verhandlungen mit der UN Gbagbo ist eingekesselt
05.04.2011, 20:40 Uhr
Soldaten des Wahlsiegers Quattara kämpfen sich immer näher an die Machtzentren Gbagbos heran.
(Foto: REUTERS)
Der blutige Machtkampf in der westafrikanischen Elfenbeinküste neigt sich wohl dem Ende. Nach Einschätzung des französischen Außenministers ist es eine Frage von Stunden, bis der abgewählte Präsident Gbagbo aufgibt. Doch Gbagbo betont, er wolle seinen Nachfolger Outtara nicht anerkennen.
Der amtierende Präsident der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, hat nach Angaben der Vereinten Nationen noch nicht aufgegeben. Er habe zwar seine prinzipielle Bereitschaft bekundet, sein Amt für den rechtmäßig gewählten Präsidenten Präsident Alassane Ouattara zu räumen, sagte ein UN-Vertreter. Darüber werde aber noch verhandelt. Gbagbo habe zudem um Schutz der UN nachgesucht. In einem internen UN-Dokument hatte es zuvor geheißen, Gbagbo sei abgetreten. "Wir haben ihn fast davon überzeugt, die Macht abzugeben", sagte der französische Außenminister Alain Juppé vor der Nationalversammlung in Paris.
Ich erkenne Ouattaras Sieg nicht an", sagte Gbagbo in einem Telefoninterview mit dem französischen Fernsehsender LCI. Eine entsprechende Forderung Frankreichs und der Vereinten Nationen lehne er ab. Er finde es erstaunlich, wie in ausländischen Hauptstädten über die Zukunft eines Landes "gepokert" werde, sagte Gbagbo in dem Telefongespräch weiter.
Gbagbos Truppen sind in der Wirtschaftsmetropole Abidjan eingekesselt worden. Der langjährige Staatschef befand sich nach UN-Angaben in einem Bunker unter seiner Residenz, die von den Truppen seines Rivalen Alassane Ouattara belagert wurde.
Gespenstische Ruhe
Armeechef Philippe Mangou sagte der Nachrichtenagentur AFP, Gbagbos Truppen hätten die Angriffe auf Ouattaras Truppen eingestellt und die UNOCI um eine Waffenruhe gebeten. Diese sagte, die Blauhelmtruppen würde Soldaten Gbagbos Schutz gewähren, wenn diese ihre Waffen niederlegten. In Abidjan herrschte nach tagelangen heftigen Kämpfen gespenstische Ruhe. Die meisten der fünf Millionen Einwohner blieben zuhause.
Der französische Premierminister François Fillon sagte vor dem Parlament in Paris, Gbagbos Außenminister Alcide Djédjé und sein Militärchef Philippe Mangou seien am Montag in die französische Botschaft geflohen. Sie hätten zum Ende der Kämpfe aufgerufen. Zwei seiner Generäle seien dabei, über den Abgang Gbagbos zu verhandeln. Zunächst ließ Gbagbo allerdings alle Berichte dementieren, wonach er zur Aufgabe seiner Macht bereit sei.
Leichen auf den Straßen
Die Vereinten Nationen zeigten sich zunehmend besorgt über die Situation der Zivilisten in der Elfenbeinküste. Nach Angaben des UN-Menschenrechtskommissariats in Genf wurden bei den Kämpfen in Abidjan in den vergangenen Tagen "dutzende" Menschen getötet. Besonders besorgniserregend sei, dass in der Millionenstadt auch in sehr eng besiedelten Stadtteilen schwere Waffen eingesetzt würden, sagte ein Sprecher.
Die Sprecherin des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA), Elisabeth Byrs, sagte, die Situation für Zivilisten in Abidjan habe sich weiter verschlechtert und sei "absolut dramatisch". In den meisten Krankenhäusern sei die Arbeit zum Erliegen gekommen, die wenigen einsatzfähigen Krankenwagen würden beschossen. Der Zugang zur Zivilbevölkerung sei aus Sicherheitsgründen "unmöglich", sagte Byrs. In den Straßen der Wirtschaftsmetropole würden seit Tagen Leichen liegen, die wegen der Gewalt nicht geborgen werden könnten.
Internationale Kritik
Unterdessen wurde Kritik an dem militärischen Eingreifen der UNO und Frankreichs in der Elfenbeinküste laut. "Die Friedenstruppen haben ein Mandat, das sie zur Neutralität verpflichtet", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Moskau werde daher die rechtliche Grundlage der Aktion prüfen. Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane sagte, über ein entsprechendes Mandat sei bei der UNO nicht abgestimmt worden.
Die Afrikanische Union erklärte, es müsse Afrika überlassen werden, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. US-Präsident Barack Obama äußerte dagegen seine "entschiedene Unterstützung" für das Vorgehen der UNO und die Unterstützung durch die französischen Truppen. Kampfhubschrauber der UNO und Frankreichs hatten am Montag in Abidjan die Residenz und den Palast Gbagbos sowie zwei Militärstützpunkte beschossen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rechtfertigte das Eingreifen mit dem Schutz von Zivilisten. Gbagbos Sprecher Ahoua Don Mello äußerte sich "überrascht" über die Angriffe, bei denen es "zahlreiche Tote" gegeben habe. Der Beschuss stützt sich laut UNO auf die UN-Resolution 1975 zur Elfenbeinküste, die Sanktionen gegen Gbagbo und sein Umfeld beinhaltet und die UN-Truppen zum Schutz von Zivilisten ermächtigt. Knackpunkt dabei ist die Formulierung, diesen Schutz "mit allen notwendigen Mitteln" zu gewährleisten.
Frankreich evakuiert Landsleute
Frankreich verhandelte mit beiden Konfliktparteien über einen humanitären Korridor, um seine Landsleute in Sicherheit zu bringen. Das berichtete die Zeitung "Le Monde". Erschwert würde eine solche Aktion, weil viele Ausländer im Norden Abidjans lebten und das französische Militär im Süden stationiert sei. Die Brücken dazwischen werden von den Anhängern Gbagbos gehalten.
Auf dem französischen Militärstützpunkt in Abidjan befinden sich bereits etwa 1650 Ausländer, etwa die Hälfte davon Franzosen. Insgesamt leben etwa 12 000 Franzosen in der Elfenbeinküste, die meisten von ihnen in Abidjan.
Quelle: ntv.de, AFP