Indiens Mitschuld am Terror "Geheimdienste haben versagt"
05.12.2008, 15:01 UhrIndien hat eingeräumt, durch eigene Versäumnisse der Behörden eine Mitschuld an den Terroranschlägen in Bombay zu tragen. "Sicherheitskräfte und Geheimdienste haben versagt", erklärte der neue Innenminister P. Chidambaram ein. Diese Fehler müssten aufgearbeitet und abgestellt werden. Wenn sich ein vollständiges Bild ergebe, wolle er sich dazu im Parlament äußern, kündigte der Minister an.
"Was in Bombay geschehen ist, muss unsere Einstellung zum Terrorismus grundlegend verändern", forderte Chidambaram weiter. Zwar sei auch in der Vergangenheit jeder Anschlag ernsthaft untersucht worden. Oftmals seien die Behörden jedoch zu schnell wieder zur "gewohnten Routine" übergegangen. Sein Vorgänger Shivraj Patil war nach den Anschlägen und heftiger Kritik an der Sicherheitspolitik der Regierung zurückgetreten. Chidambaram, der bislang Finanzminister war, hatte das Amt am Montag übernommen.
Der russische Präsident Dmitri Medwedew rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, Indien bei der Aufklärung der Terrorangriffe zu unterstützen. Im Rahmen seines dreitägigen Staatsbesuchs in Neu Delhi vereinbarten Indien und Russland zudem den Ausbau der Zusammenarbeit zivilen Nuklearbereich.
Drahtzieher aus Pakistan
Indiens Premierminister Manmohan Singh forderte nach dem Treffen mit Medwedew noch einmal vehement, die Drahtzieher der Anschläge zur Verantwortung zu ziehen. Die internationale Gemeinschaft müsse erkennen, dass das Territorium "eines Nachbarlandes" für die Vorbereitung des Verbrechens genutzt worden sei. Indien macht Hintermänner aus Pakistan für die koordinierten Terrorangriffe auf die Finanzmetropole Bombay verantwortlich, bei denen vergangene Woche mehr als 170 Menschen getötet und knapp 300 verletzt worden waren. Pakistans Präsident Asif Ali Zardari hatte Indien die Unterstützung seiner Regierung bei den Ermittlungen zugesagt.
Laut "Hindustan Times" wollen die indischen Behörden, dass die USA Beweise für die Verwicklung vorlegen, dies könne Islamabad stärker unter Druck setzen. "Wir überlassen das den Amerikanern", hieß es. Nach Angaben des "Indian Express" wurden Kommunikationswege gewählt, die auch der ISI benutzt.
Russland liefert Atomtechnologien
Indien und Russland unterzeichneten ein Abkommen über die Lieferung russischer Atomtechnologie. Russland werde vier neue Reaktoren für ein Kraftwerk im Süden des Landes liefern, sagte Premier Singh. Zudem sei mit russischer Hilfe der Bau neuer Atomkraftwerke geplant. Singh nannte das Abkommen einen "Meilenstein" in den bilateralen Beziehungen. Darüber hinaus verständigten sich beide Seiten auf eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Raumfahrt. So wird Russland nach offizielle Angaben 80 Kampfhubschrauber vom Typ MI-17V-5 an die indische Luftwaffe liefern.
Erst im Oktober hatten Indien und die USA ein Abkommen unterzeichnet, das amerikanischen Firmen den Verkauf von ziviler Atomtechnologie und nuklearem Brennmaterial an das südasiatische Land erlaubt, obwohl dieses den Atomwaffensperrvertrag nicht anerkennt. Zuvor hatte die Nuclear Suppliers Group (NSG), ein Zusammenschluss von 45 Exportländern für Atomtechnologie, ein seit 1974 geltendes Lieferverbot für Atomtechnik nach Indien aufgehoben.
Quelle: ntv.de