Misshandlungsprozess Geiselnahme keine Grundausbildung
07.05.2007, 12:39 UhrSimulierte Geiselnahmen gehören laut dem Heeresführungskommando nicht zur Grundausbildung der Bundeswehr. Zum Zeitpunkt der Vorfälle in Coesfeld im Jahr 2004 habe es zwar Überlegungen im Verteidigungsministerium gegeben, die Grundausbildung anzupassen, sagte ein Oberstleutnant des Heeresführungskommandos am Montag im Prozess um die Misshandlung von Rekruten vor dem Landgericht Münster. "Dazu gehörte aber nie eine praktische Ausbildung Geiselnahme."
Der Offizier war bis März 2007 der für die Ausbildung zuständige Vertreter des Führungskommandos. Derartige Übungen seien nur für Soldaten vorgesehen, die auf Einsätze in Krisengebieten vorbereitet werden.
Anfang des Monats war das Verfahren gegen einen Angeklagten eingestellt worden. Der 28 Jahre alte Feldwebel muss eine Geldauflage in Höhe von 2.200 Euro zahlen. Das Gericht sah die mögliche Schuld des Mannes allenfalls als gering an. Zuvor war bereits das Verfahren gegen einen seiner früheren Ausbilder-Kollegen ohne Auflage eingestellt worden. Drei weitere der ursprünglich 18 Angeklagten, denen die Staatsanwaltschaft ähnliche Angebote gemacht hatte, lehnten ab. Sie hoffen auf einen Freispruch.
In dem größten Strafprozess in der Geschichte der Bundeswehr stehen noch 14 ehemalige Ausbilder und ihr früherer Kompaniechef im Range eines Hauptmannes vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, mehr als 160 Rekruten bei Übungen mit Wasser traktiert, gefesselt, geschlagen und in einigen Fällen auch mit schwachen Stromschlägen gequält zu haben. Die meisten der Angeklagten bestreiten die Taten oder sehen darin keine Verstöße gegen Gesetze. Ein Urteil wird erst im Dezember erwartet.
Quelle: ntv.de