Politik

OECD-Steuerstudie Geringverdiener stark belastet

Deutsche Gering- und Durchschnittsverdiener zahlen einer OECD-Studie zufolge im internationalen Vergleich mit die höchsten Sozialabgaben und Steuern. So beliefen sich 2008 in Deutschland Steuern und Sozialabgaben für einen alleinstehenden Geringverdiener auf 47,3 Prozent der Arbeitskosten.

Unter den 30 OECD-Staaten, die die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer umfasst, ist dies nach Belgien der zweithöchste Wert, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) weiter mit. Bei Spitzenverdienern lag Deutschland mit 52,6 Prozent der Arbeitskosten auf Platz vier hinter Belgien, Ungarn und Frankreich.

Kaum Anreize für Doppelverdiener

Die hohe Steuerlast gelte für Alleinstehende sowie für Paare und Familien mit zwei Erwerbstätigen. "Arbeitet hingegen nur einer der Partner, sind die Abzüge im OECD-Vergleich eher moderat und das unabhängig davon, ob Kinder versorgt werden oder nicht", teilte die OECD mit. Arbeiten beide Partner, liegt Deutschland bei der Abgabenlast wieder an der Spitze. "Damit setzt das deutsche Steuer- und Abgabensystem wenig wirtschaftliche Anreize, die Erwerbsarbeit auf beide Partner zu verteilen."

In diesem Jahr legte die OECD zum ersten Mal detaillierte Daten zur Steuer- und Abgabenlast für nahezu das gesamte Einkommensspektrum vor. Kritisiert wurde, dass in Deutschland wie in kaum einem anderen Industrieland Einkommen von Gering- und Normalverdienern belastet werden. Top-Verdiener werden hingegen von höheren Steuern und Sozialabgaben verschont.

Belastungen sinken bei Top-Verdienern

"Anders als die progressive Einkommenssteuer vermuten lässt, sinkt in Deutschland die Belastung der Arbeitseinkommen ab einem bestimmten Punkt wieder", teilte die Organisation mit. Hintergrund ist die Beitragsbemessungsgrenze: Für den Teil des Einkommens, der über dieser Grenze liegt, fallen keine Sozialabgaben mehr ab. Abgesehen von Österreich und Spanien sei dies in keinem anderen OECD-Land der Fall.

So fallen in Deutschland bei einem Alleinstehenden mit einem Jahresgehalt von rund 63.000 Euro mit 53,7 Prozent die höchsten Abzüge durch Steuern und Sozialbeiträge an. Viele andere OECD-Länder gewähren dieser Bevölkerungsgruppe dagegen umfangreiche staatliche Mittel. Bei 110.000 Euro Jahresgehalt müssen in Deutschland dagegen nur noch 50 Prozent der Arbeitskosten, die sich aus dem Bruttoverdienst und den Sozialbeiträgen der Arbeitgeber zusammensetzen, an Sozialkassen und Staat abgeführt werden. Die Quote liege damit auf dem Niveau eines Arbeitnehmers mit 36.500 Euro Jahresgehalt. Dieser Effekt sei auf die Beitragsbemessungsgrenzen bei den Sozialabgaben zurückzuführen, hieß es.

Von Steuerentlastungen profitieren meist Gutverdiener

Die OECD, der die meisten wichtigen Industrienationen angehören, legt regelmäßig einen Vergleich der Steuer- und Abgabenlast der 30 Mitglieder vor. Sie wird aus der Einkommensteuer abzüglich Bartransfers wie Kindergeld plus Abgaben an die Sozialkassen berechnet. Berücksichtigt wird auch die steuerliche Absetzbarkeit von Beträgen. Als deutschen Durchschnittslohn hat die OECD einen Bruttojahresverdienst von 43.942 Euro unterstellt.

Zwar ist in Deutschland wie in den meisten anderen OECD-Ländern auch 2008 die Steuer- und Abgabenquote leicht gesunken – unter anderem durch geringere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Von den Maßnahmen in den vergangenen Jahren hätten aber vor allem Gutverdiener profitiert, teilte die OECD mit. Für sie liegt die Steuer- und Abgabenquote inzwischen deutlich unter den Werten des Jahres 2000. Die OECD fordert bereits seit längerem die Bundesregierung auf, Gering- und Durchschnittsverdiener mehr zu entlasten.

Quelle: ntv.de, rts, dpa

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