Politik

NPD-Verbotsverfahren Gescheiterter "Schnellschuss"?

Ungeachtet der Bedenken einiger Verfassungsrechtler sieht Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) keine Gefahr für das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe habe nicht die Preisgabe der Namen aller V-Leute verlangt, sagte Schily am Donnerstag in München. Das sei schlicht falsch. Die Bundesregierung werde alle Anforderungen erfüllen. Dabei dürfe der Verfassungsschutz aber keinen Schaden nehmen. Für einige „angsterfüllte Erklärungen“ der vergangenen Tage sehe er keinen Anlass.

Experten mit Verfassungsbedenken

Verfassungsrechtler hatten nach der Ankündigung von Bund und Ländern, die Enttarnung weiterer V-Leute zu verweigern, vor einem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens gewarnt. "Damit erhöht sich das Risiko, dass die Anträge abgelehnt werden", sagte Ex-Verfassungsrichter Hans-Hugo Klein der "Berliner Zeitung".

Auch der frühere Verfassungsschutzchef Eckart Werthebach befürchtet ein Scheitern und plädierte daher dafür, die Verbotsanträge zurückzuziehen. Wenn Karlsruhe "einen Persilschein ausfüllen müsste, weil die Bundesregierung die notwendigen Verfahrensschritte nicht erfüllt hat", sei dies die "schlechtere Lösung", sagte Werthebach im F.A.Z. Business-Radio.

"Unter rein prozessrechtlichen Erwägungen ist diese Taktik nicht gut", kommentierte Klein die Entscheidung, die Identität der V-Leute geheim zu halten. Offenbar seien andere Gründe bei der Entscheidung ausschlaggebend gewesen. Es stelle sich daher die Frage, "ob das Verfahren nicht ein Schnellschuss gewesen ist", sagte Klein.

V-Leute bleiben geheim

Ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums in München hatte gestern bestätigt, dass Bund und Länder keine weiteren V-Leute im NPD-Verbotsverfahren enttarnen wollen. Darauf hätten sich die Innenminister der Länder bereits Anfang Juni verständigt.

Mit dieser Entscheidung wolle man verhindern, dass auch die NPD von der Tätigkeit der Verfassungsschutz-Informanten Kenntnis erhält. In einem Schriftsatz, der bis zum 31. Juli in Karlsruhe eingereicht werden muss, werde man die Gründe nennen, warum man von der Offenlegung von Namen absehe.

Verhandlungstermine ausgesetzt

Im Januar hatte das Bundesverfassungsgericht die mündlichen Verhandlungstermine in dem Verfahren ausgesetzt, nachdem bekannt geworden war, dass ein Vertrauensmann des Verfassungsschutzes und ehemaliger führender NPD-Funktionär auf der Zeugenliste steht.

Das Gericht erklärte später, es wolle sich am 8. Oktober 2002 in einem öffentlichen Erörterungstermin ausführlich und umfassend mit dem Problem der Informanten des Verfassungsschutzes in den Verbotsanträgen befassen. Die Richter hatten erkennen lassen, dass sie über alle staatlichen Einflüsse auf das Erscheinungsbild der NPD informiert werden wollten.

Bekannt ist inzwischen, dass in den Verbotsanträgen Äußerungen oder Taten von neun V-Leuten vorkommen, die die Verfassungsfeindlichkeit der NPD belegen sollen.

Quelle: ntv.de

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