Regierung setzt auf Selbstheilung Gesetz gegen Ärztepfusch steht
23.05.2012, 09:41 Uhr
Hunderte sterben jährlich durch ärztliche Behandlungsfehler.
(Foto: picture-alliance / dpa)
Wer krank ist, kann beim Arzt noch mehr Schaden nehmen. Tausende Patienten sterben jedes Jahr wegen Ärztefehlern. Nun soll ein Gesetz Abhilfe schaffen - doch an der optimalen Wirkung gibt es Zweifel. Die Regierung hofft, dass die Ärzte aus ihren Fehlern lernen.
Patientenschützer und Bundesregierung haben zu mehr Wachsamkeit gegenüber Ärztefehlern aufgerufen. Das Bundeskabinett gab grünes Licht für ein Gesetz zur Stärkung von Patientenrechten, das Gesundheitsminister Daniel Bahr und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eingebracht hatten.
Zwischen 17.000 und mehrere 100.000 Menschen sterben nach unterschiedlichen Studien jedes Jahr wegen Kunstfehlern, Nachlässigkeiten und Pfusch allein in den rund 2000 deutschen Kliniken.
Bahr sagte an die Adresse der deutschen Ärzte: "Ich erwarte, dass Sie als Ärzteschaft die Diskussion um die Fehlervermeidung offensiv angehen." Auch künftig würden die im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen Fehler machen, sagte er auf dem Deutschen Ärztetag in Nürnberg. Aber aus den Fehlern müsse man verstärkt lernen. "Das geht nur dadurch, dass man sie offen anspricht, dass man sie thematisiert und daraus lernt."
Der Geschäftsführer des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Hardy Müller, sagte in Berlin: "Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem Ärzte über Fehler berichten, ohne Angst haben zu müssen." Das Gesetz leiste einen Beitrag. "Aber der Beitrag könnte sehr viel größer sein."
Behandlungsvertrag wird abgeschlossen
Künftig sollen Ärzte ihre Patienten auf Grundlage eines Behandlungsvertrags verständlich und umfassend informieren - auch über die Risiken einer Behandlung. Dazu soll ein persönliches Gespräch geführt werden. In Haftungsfällen soll es mehr Transparenz geben. Wie bereits per Richterrecht faktisch geregelt, soll bei groben Behandlungsfehlern der Arzt künftig auch per Gesetz beweisen müssen, dass er keinen Schaden verursacht hat. Bei einfachen Behandlungsfehlern muss wie bisher der Patient den Behandlungsfehler als Ursache für eine Schädigung nachweisen.
Kassen sollen Versicherten helfen
Krankenkassen sind bei Behandlungsfehlern künftig verpflichtet, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Die Versicherten sollen sich ihnen zustehende Leistungen der Kassen leichter beschaffen können.
Müller kritisierte, dass die Bundesregierung auf einen Fonds verzichten wolle, aus dem Opfer von Ärztefehlern entschädigt werden könnten. Der Vorteil sei: Den Ärzten müssten die Fehler dann nicht endgültig nachgewiesen werden. "So ein Fonds sollte von den Haftpflichtversicherungen der Ärzte und den Leistungserbringern wie Ärzten und Kliniken gemäß dem Verursacherprinzip finanziert werden", sagte Müller. Bahr lehnte dies ab. Ein Fonds bringe mehr Bürokratie. "Jemand, der den Schaden verursacht, muss auch dafür zur Verantwortung gezogen werden und darf nicht durch einen Entschädigungstopf aus der Verantwortung entlassen werden", sagte er.
Quelle: ntv.de, dpa