Politik

Mindestens 65 Tote bei Massenprotesten Gewalt in Ägypten schaukelt sich hoch

Auf dieser Straße kam es zu schweren Zusammenstößen, Dutzende Menschen starben.

Auf dieser Straße kam es zu schweren Zusammenstößen, Dutzende Menschen starben.

(Foto: dpa)

Tränengas, Schüsse, blutende Menschen: Der Haftbefehl gegen Ägyptens Ex-Präsidenten Mursi treibt seine Anhänger auf die Straße. Die Sicherheitskräfte gehen erbarmungslos vor. Die Muslimbrüder sprechen von fast 130 Toten. Der Innenminister sagt, die Muslimbrüder hätten provoziert.

Die andauernden Proteste in Ägypten enden erneut mit Dutzenden Toten. In der Hauptstadt Kairo trafen Islamisten und Sicherheitskräfte aufeinander - wie viele Opfer zu beklagen sind, ist unklar.

Die Muslimbruderschaft, die den gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi zurück ins Amt bringen will, gibt die Totenzahl mit 66 Menschen an. 61 weitere seien hirntot, sie würden nur noch mit Maschinen am Leben gehalten. Rund 4000 seien verletzt worden, nachdem Einheiten der Bereitschaftspolizei eine Menge von Demonstranten am Rande ihres Protestcamps in der Vorstadt Nasr City angegriffen hatten. Das ägyptische Gesundheitsministerium sprach von 65 Toten.

Der blutige Konflikt ereignete sich in der Nasr-Straße, die zum Protestlager der Muslimbruderschaft vor der Raba-al-Adawija-Moschee führt. Tausende Anhänger der islamistischen Organisation belagern den Ort seit mehr als drei Wochen. Sie protestieren gegen Mursis Absetzung durch das Militär am 3. Juli. Der Islamist war vor etwas mehr als einem Jahr nach freien Wahlen ins höchste Staatsamt gelangt. Inzwischen erging Haftbefehl gegen ihn.

Vorwürfe gegen Deutschland

Was die Zusammenstöße am Rande des Protestcamps ausgelöst hat, war zunächst unklar. Im Feldspital der Muslimbruderschaft spielten sich am Samstagmorgen nach Angaben ägyptischer Reporter dramatische Szenen ab. Immer wieder wurden Tote und Schwerverletzte gebracht. Die Ärzte kamen mit der Versorgung der Verwundeten kaum nach. Der Sprecher der Bruderschaft, Gehad al-Haddad, erklärte verbittert: "Sie (die Polizisten) schießen nicht, um zu verwunden, sondern um zu töten."

Bei Zusammenstößen in der Hafenstadt Alexandria wurden zudem mindestens sieben Menschen getötet. Diese Zahl nannte das ägyptische Gesundheitsministerium nach Angaben des Senders Al-Dschasira.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle appellierte an die ägyptischen Behörden, "friedliche Demonstrationen zuzulassen und alles zu tun, um eine weitere Eskalation zu vermeiden". Die Islamische Gemeinschaft in Deutschland erhob Vorwürfe gegen die Bundesregierung: "Mit einer Anerkennung der vom Militär eingesetzten Regierung macht sich die Bundesregierung an den Massakern in Ägypten mitschuldig", erklärte der Präsident der Organisation, Samir Falah.

Ultimatum endet

Am Freitag hatten in ganz Ägypten Hunderttausende Menschen für und gegen die Entmachtung Mursis demonstriert. Während die Islamisten nahezu täglich gegen den "Militärputsch", wie sie die Absetzung Mursis nennen, demonstrieren, hatte das Militär erstmals seit dem Umsturz die eigenen Unterstützer in Massen auf die Straße gerufen. Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wollte sich damit eine Art "grünes Licht" geben lassen, um noch schärfer gegen die demonstrierenden Muslimbrüder vorzugehen.

Am Samstagabend läuft ein 48-Stunden-Ultimatum des Militärs ab: Die Islamisten sollen sich bis dahin am sogenannten Versöhnungsprozess beteiligen - sonst drohe eine härtere Gangart. Die über die Medien verbreitete Aufforderung hatte den Titel "Letzte Chance". Das Militär hatte den ersten frei gewählten Präsidenten Ägyptens am 3. Juli nach tagelangen Massenprotesten gegen ihn abgesetzt. Seither haben die Behörden rund 600 Muslimbrüder verhaftet, unter ihnen den einflussreichen Vize-Vorsitzenden Chairat al-Schater.

Quelle: ntv.de, jtw/dpa/rts/AFP

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