Nachtsitzung der Koalition Gewerbesteuer bleibt
19.11.2010, 09:50 UhrSpitzentreffen im Kanzleramt: Die Koalition einigt sich nach einer Nachtsitzung darauf, dass die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle für Kommunen bestehen bleibt. Zudem werde es eine umfassende Steuerreform geben - wann, bleibt allerdings offen. Viele andere Streitpunkte werden auf Anfang Dezember vertagt.

Während drinnen die Koalitionsspitzen tagen, fressen draußen die Esel das Gras vorm Kanzleramt.
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Die schwarz-gelbe Koalition hat sich bei der Reform des Steuerrechts und der Gemeindefinanzen darauf verständigt, dass es eine Steuerreform mit Entlastungen für die kleineren und mittleren Einkommen geben soll. Bei einem mehrstündigen Treffen der Spitzen von Union und FDP in Berlin beschlossen die Fraktionsspitzen zudem, dass die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Kommunen bestehen bleibt.
Zur Finanzierung der Reform könnte unter anderem die Rücknahme der umstrittenen Steuervergünstigungen für die Hotelbetriebe dienen. Dies stößt aber vor allem bei der CSU noch auf Widerstand.
Es wurde zudem eine Kommission eingesetzt, die den Dschungel der Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer lichten soll. Darauf hatte zuletzt vor allem die FDP gedrängt. Dabei geht es insbesondere darum, die unübersichtliche Zahl von Ermäßigungen zu durchforsten. Fest steht aber bereits, dass der ermäßigte Satz von sieben Prozent für Lebensmittel, Bücher und Zeitungen erhalten bleibt. Viele weitere Projekte wurden bis Anfang Dezember vertagt.
Merkel: Vereinfachung kommt noch dieses Jahr
Bundeskanzlerin Merkel lässt hingegen weiter offen, wann genau die Regierung Steuersenkungen in Angriff nehmen könnte. "Zeitperspektiven kann ich im Augenblick nicht nennen. Wir können die wirtschaftliche Entwicklung im Augenblick noch nicht genau voraussagen", sagte sie. Die Haushaltskonsolidierung, eine Steuervereinfachung und die Reform der Kommunalfinanzen seien die Prioritäten der Regierung.
Das Thema einer Steuerentlastung bleibt auf der Tagesordnung, betonte Merkel. "Steuervereinfachungen werden wir noch in diesem Jahr beschließen. Das andere bleibt unser gemeinsames Ziel."
Große Differenzen in der Koalition
Bei den geplanten Steuervereinfachungen liegen Union und FDP noch deutlich auseinander. Auch im Streit über neue Zuwanderungsregeln gab es keine Einigung. Bei diesen Punkten soll bis zum nächsten Treffen am 8. Dezember weiter an Lösungen gearbeitet werden.

Finanzminister Schäuble würde auf 500 Millionen Euro Steuereinnahmen verzichten.
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Ebenfalls vertagten Union und FDP geplante neue Regeln in der Tarifpolitik, hieß es aus Koalitionskreisen. Um eine Zersplitterung der Tariflandschaft zu verhindern, sollen in Unternehmen nach Plänen der Koalition nur die Tarifverträge der größten Gewerkschaft gelten. CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von der FDP sollen Vorschläge prüfen.
Schäuble kommt Fraktionen entgegen
Vor dem Treffen hatte es Signale gegeben, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble den Koalitionsfraktionen bei der Vereinfachung des Steuerrechts entgegenkommen und das Volumen der Entlastung erhöhen könnte. Er hatte 18 Vorschläge vorgelegt, die den Koalitionsfraktionen nicht weit genug gingen.
Dabei geht es nicht um direkte Steuersenkungen, sondern um gelockerte Anforderungen des Fiskus etwa bei der Entfernungspauschale, Kinderbetreuungskosten, Pauschbeträgen für Behinderte oder elektronischen Meldungen von Firmen.
Ursprünglich wollte Schäuble es sich , damit es Vereinfachungen für die Steuerzahler und die Finanzbehörden gibt. Dies hatte die Koalition bereits am 24. November verkündet. Die FDP dringt darauf, dass die Verbesserungen direkt bei Bürgern und Firmen ankommen müssen. Umstritten in der Unionsfraktion ist der Plan, die Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abzugeben.
Auch bei der Zuwanderung werden abschließende Entscheidungen erst später erwartet. Im Gespräch ist, die Einkommensgrenze für Fachkräfte aus dem Ausland von 66.000 Euro zu senken und einen Kriterienkatalog für Zuwanderer festzulegen. Die Einführung eines Punktesystems wie in Kanada ist in der Koalition höchst umstritten. Die deutsche Wirtschaft verlangt Sofortmaßnahmen, damit Deutschland für qualifizierte Zuwanderer attraktiver wird.
Quelle: ntv.de, dpa/rts