"Merci Nicolas" Gipfel-Neuling Sarkozy
07.06.2007, 14:47 UhrKaum kommt er mit der Kanzlerin zusammen, sind herzliche Wangenküsschen angesagt. Ein lockerer, gestenreicher Small Talk mit der Gipfelgastgeberin von Heiligendamm schließt sich an. Mit einem prallen Programm und konkreten Vorstellungen, was das G8-Treffen bringen soll, ist Frankreichs neuer Staatspräsident an die Ostsee gekommen.
Entspannt wickelt Nicolas Sarkozy seine Premiere auf der wichtigen politischen Weltbühne ab. Der 52-Jährige vertritt jetzt die Industriemacht Frankreich. Dabei hat der quirlige "Neue" im Kreis der Acht nicht vor, im Schatten seines Vorgängers Jacques Chirac zu verharren. Zumal seine Franzosen beobachten, wie er sich auf diesem internationalen Parkett so macht - und am Sonntag das Parlament neu wählen. Heiligendamm soll also auch auf den Urnengang ausstrahlen.
Galant läßt Sarkozy Frager in die Schranken weisen, ob er wegen des guten Drahtes zu US-Präsident George W. Bush als Vermittler im Klimastreit agiere. Das sei die Sache der Gipfelchefin, meint lyse-Sprecher David Martinon. Um rasch anzufügen, der Präsident habe Bush gegenüber "doch alles andere als provozierende Äußerungen gemacht", fahre einen konstruktiven Kurs. Also doch ein Vermittler, vielleicht auch bei der umstrittenen US-Raketenabwehr? Zwar liebt Sarkozy das freimütige Gespräch und wollte dies auch beim tte--tte mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin nicht anders halten. Dessen Tschetschenien-Krieg hatte er scharf kritisiert, in Sachen Raketen indessen Verständnis für Russlands Gefühlslage signalisiert.
Küsschen für Angela, Fragen um Ccilia
Schon beim zweiten offiziellen Treffen demonstrierten Merkel und der neue Nachbar aus Paris passende Wellenlänge. Strahlendes Lachen, ein kurzer Scherz. "So macht man das", das schien der Staatschef der attraktiven und eigenwilligen Gattin Ccilia mit einer Geste beim Wangenküsschen sagen zu wollen. Wohl wissend, dass der Auftritt der Ehefrau -nachmittags im eierschalenfarbenen Kleid, abends zum Dner im langen Schwarzen mit Silberstreifen -gesellschaftliches Ereignis der Gipfelfotografen sein würde. Wie lange bleibt sie, warum reist sie am Donnerstag schon wieder ab? Das war dann so wichtig wie die Position des Staatspräsidenten zu Klima, US-Raketenabwehr, Afrika.
Beim Klima ganz auf Merkel-Kurs signalisiert der Präsident, mit wem die Kanzlerin in den nächsten Jahren rechnen kann. Der Brite Tony Blair hat sein G8-Finale, George W. Bush und Wladimir Putin liegen in den letzten Zügen ihrer Amtszeit, und wer italienischer Gastgeber bei dem G8 im Jahr 2009 sein wird, das steht in den Sternen. Also prüfen Merkel und Sarkozy, wie breit ihre gemeinsame Plattform sein könnte, verankert in den engen deutsch-französischen Verflechtungen. Als der 52-Jährige aus dem bilateralen Gespräch mit der Kanzlerin kam, hielt er Merkels Klimaflagge hoch: "Wir brauchen ein verbindliches Ergebnis mit Zahlen zum Klima." Sonst stehe die G8 unglaubwürdig da. "Merci, Nicolas, für deine Energie", so nett dankte ihm die Bundeskanzlerin.
Hinter Heiligendamm geht's weiter
Beide schauen dabei auch schon angestrengt über den Horizont von Heiligendamm hinaus: Erst drei Wochen im Amt, hat sich Sarkozy als europäischer Wirbelwind betätigt, um die EU rasch aus der Sackgasse herauszubringen, in die sie von den Franzosen und Niederländern mit dem Nein zur EU-Verfassung gebracht wurde. Seine Vorschläge für einen vereinfachten Vertrag, der dann sicherheitshalber vom französischen Parlament und nicht vom Wähler abgesegnet werden soll, führt Sarkozy immer im Gepäck. Seine Werbeaktion läuft und scheint ihm vorerst auch noch wichtiger zu sein als ein schwer zu erreichender G8-Durchbruch: Er hat sich den Brüsseler EU-Gipfel in zwei Wochen dick angestrichen.
Internationales ist aber auch Innenpolitisches: Nach den Umfragen braucht der überzeugende Sieger der Präsidentenwahl zwar eigentlich gar keinen Rückenwind aus Heiligendamm für die Urnengänge am 10. und 17. Juni. Die Franzosen scheinen ganz klar bereit, Sarkozy mit einem "rechten Tsunami" die erbetene satte absolute Mehrheit ins Parlament zu schwemmen. Dann kann er Frankreich (wie versprochen) reformieren. Und ist noch besser gewappnet für die Politik in Europa und der Welt.
Quelle: ntv.de