Politik

Streit um Mindestlöhne Glos fühlt sich ausgebootet

Um die Pläne von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz zur Ausweitung von Mindestlöhnen gibt es neuen Streit in der Großen Koalition. Wirtschaftsminister Michael Glos forderte Nachbesserungen und drohte eine erneute Blockade an.

"Das, was jedenfalls Scholz will, findet meine Billigung nicht", sagte Glos im ZDF. Mit diesen Äußerungen und ergänzenden Bemerkungen aus seinem Ministerium attackierte der CSU-Politiker auch das Kanzleramt und deren Chef Thomas de Maiziere. Aus dem Kanzleramt und dem Arbeitsministerium hatte es geheißen, das Wirtschaftsministerium habe den Gesetzentwürfen zugestimmt.

Glos links liegen gelassen

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm räumte weiteren Beratungsbedarf ein, zeigte sich aber zuversichtlich, dass bei den wenigen noch strittigen Punkten eine Einigung erreichbar sei. Glos dagegen fühlt sich ausgebootet: "Man kann mich nicht links liegen lassen", machte er seinem Unmut Luft. Die gemeinsamen Verhandlungen seien am 28. Mai vom Kanzleramt beendet worden. De Maiziere habe mit Scholz bilateral weiterverhandelt und das Wirtschaftsressort "im Mitteilungswege" von den Ergebnissen in Kenntnis gesetzt. Staatssekretär Walther Otremba sei informiert worden, habe jedoch nie zugestimmt, sondern im Gegenteil protestiert. Vor der Unterrichtung der Unions-Experten sei das Ministerium zudem vom Kanzleramt aufgefordert worden, "nicht so auf den Unterschieden herumzureiten".

Angesichts des Dauerstreits ist fraglich, ob die Gesetzesvorhaben wie vom Arbeitsministerium geplant am 16. Juli vom Kabinett gebilligt werden. Bis zum 24. Juni hat das Wirtschaftsministerium nun Zeit, in der Ressortabstimmung seine Stellungnahme zu den am Montag von Scholz neu auf den Weg gebrachten Gesetzentwürfen abzugeben.

Einigung noch möglich

Scholz verteidigte die Entwürfe: "Wir haben uns auf das verständigt, was wir im vergangenen Sommer bereits beschlossen haben", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Er freue sich, dass aus der Regierung das Signal komme, "dass wir zu unseren Beschlüssen stehen". Derzeit liegen die Entwürfe von Scholz zur Novellierung des Entsendegesetzes und des Gesetzes über Mindestarbeitsbedingungen den anderen Ministerien zur Stellungnahme vor.

Sollte es zu neuen Gesprächen über die Mindestlohn-Vorlage von Scholz kommen, hält auch Glos eine Einigung für möglich. Jedoch hatte er sich schon beim Post-Mindestlohn im Kabinett nicht mit seinen Einwänden gegen Kanzleramt und Scholz durchsetzen können.

Im Wirtschaftsministerium sieht man nur in zwei von insgesamt acht Branchen - die eine Aufnahme ins Entsendegesetz beantragt haben - überhaupt die Kriterien für den Erlass eines Mindestlohns für erfüllt. Es sind dies das Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie die Branche der Bergbauspezialarbeiten. Welche Branchen in das Entsendegesetz aufgenommen werden sollen, soll ein paritätisch mit Union- und SPD-Vertretern besetzter Ausschuss entscheiden.

Merkel: Tarifautonomie hat Vorrang

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte ihre Ablehnung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Vernünftiger sei, die Tarifautonomie von Arbeitgebern und Gewerkschaften zu stärken. "Unser Grundsatz wird sein: Tarifautonomie hat Vorrang vor staatlich festgesetzten Löhnen", sagte Merkel. Die Regierung habe nun zwei Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht für Branchen, in denen die Tarifautonomie keine befriedigenden Regelungen gebracht habe.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sieht wie Glos in den Scholz-Vorschlägen einen "schwerwiegenden Eingriff in die Tarifautonomie". Der Staat dürfe sich nicht zum Schiedsrichter über tarifpartnerschaftliche Entscheidungen und die Geltung von Tarifverträgen machen, kritisierte ZDH-Generalsekretär Hans- Eberhard Schleyer.

Quelle: ntv.de

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