Schleswig-Holstein beendet Sonderrolle Glücksspiel wieder einheitlich
24.01.2013, 15:30 Uhr
(Foto: dpa)
Schleswig-Holstein beendet seinen Sonderweg bei Glücksspielen und Sportwetten. Der Landtag hebt das von der schwarz-gelben Vorgängerregierung eingeführte Glückspielgesetz auf und tritt dem Staatsvertrag der übrigen 15 Länder bei. Parallel dazu soll jetzt das Europagericht entscheiden, ob das deutsche Verbot der Online-Glücksspiele zulässig ist.
Auf dem deutschen Glücksspielmarkt sollen wieder überall die gleichen Regeln gelten. Der schleswig-holsteinische Landtag beschloss in Kiel mit den Stimmen der Regierungskoalition von SPD, CDU und SSW den Beitritt zum Glücksspielstaatsvertrag der übrigen 15 Länder, wie die Landtagsverwaltung mitteilte. Schleswig-Holstein hatte den Länderverbund unter der Vorgängerregierung aus CDU und FDP 2011 verlassen.
Dem von Anfang an umstrittenen schleswig-holsteinischen Sonderweg z ufolge konnten sich dort unbegrenzt viele private Anbieter sogenannter Sportwetten niederlassen, auch Internet-Casinospiele wie das beliebte Online-Poker sind dort erlaubt. In den übrigen 15 Bundesländern ist dies verboten, die Zahl der Lizenzen für Sportwetten-Anbieter ist dort auf insgesamt nur 20 begrenzt.
Die seit Mai 2012 amtierende neue Landesregierung unter Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte von Anfang an erklärt, das von ihr heftig bekämpfte Vorpreschen Schleswig-Holsteins so bald wie möglich rückgängig zu machen und dem Staatsvertrag wieder beizutreten. Die damit zusammenhängenden Fragen sind aber juristisch und politisch äußerst kompliziert. So dürfen jene Anbieter, die seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2012 bereits Lizenzen beantragt und erhalten haben, diese aus Gründen des Rechtsschutzes auch weiterhin nutzen.
Europagericht soll entscheiden
Überlagert wird die Debatte um den schleswig-holsteinischen Sonderweg seit längerem durch eine grundlegende Diskussion über die Europarechts-Konformität des Glücksspielgesetzes. Schon die alte schwarz-gelbe Kieler Landesregierung hatte ihre Entscheidung zum Verlassen des relativ strikten Staatsvertrags der Bundesländer auch mit Zweifeln an dessen rechtlicher Zulässigkeit begründet.
Parallel zur Landtagsentscheidung in Kiel verwies der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe eine Entscheidung über die Vereinbarkeit des Staatsvertrags mit europäischem Recht an den Europäischen Gerichtshof. Der soll klären, ob das in Deutschland - bislang mit der Ausnahme von Schleswig-Holstein - geltende Verbot von Internet-Glücksspielen zulässig ist, teilte der BGH mit.
Die im Norden zwischenzeitlich geltende lockere Genehmigungspraxis ist dabei einer der potenziell problematischen Punkte, die der BGH geklärt haben will. Nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH sind Glücksspiel-Verbote demnach nur zulässig, wenn sie begründete Allgemeininteressen wie die Bekämpfung der Spielsucht verfolgen und diese Ziele nicht durch Ausnahmen ausgehebelt werden. Nach Auffassung des BGH könnte dies wegen der zwischenzeitlichen großzügigen Lizenzvergabe in Schleswig-Holstein der Fall sein und darüber hinausgehende Beschränkungen in allen anderen Bundesländern damit unzulässig werden lassen.
Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Ralf Stegner warf CDU und FDP vor, der neuen Regierung eine "politische Sprengfalle" hinterlassen zu haben. Sie seien dafür verantwortlich, falls ihr Sonderweg dazu führe, dass die Forderung nach rechtlicher Einheitlichkeit bald auch die übrigen Bundesländer zu einer Änderung ihrer Position zwinge, erklärte Stegner im Landtag. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Hans-Jörn Arp, warf Stegner "Raserei" vor. Schleswig-Holstein werde sich vor deutschen und europäischen Gerichten "lächerlich" machen, erklärte er.
Quelle: ntv.de, dpa