Brandbrief aus dem Bundestag Google stößt auf Widerstand
05.09.2011, 16:33 Uhr
"Essentiell für die freie Meinungsbildung in einer Demokratie"
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Mit der obligatorischen Nutzung von Klarnamen im sozialen Netzwerk "Google+" erregt der Suchmaschinenbetreiber Unmut: Um den Konzern zum Umdenken zu bewegen, verbünden sich Parlamentarier mit Vordenkern der digitalen Gesellschaft zu einer ungewöhnlichen Allianz. Sie sehen die Demokratie in Gefahr.
Eine Gruppe von 28 Netzaktivisten und Bundestagsabgeordneten hat Google in einem Offenen Brief aufgefordert, die Bestimmungen für sein Soziales Netzwerk " " zu ändern und die Verwendung von Pseudonymen zuzulassen. Die freie Meinungsäußerung ohne Angst vor Ächtung oder Nachteilen sei "essentiell für die freie Meinungsbildung in einer Demokratie", heißt es in dem Brief an Google-Europachef Philipp Schindler.

Zuständig für Nord- und Zentraleuropa: Bei einer Veranstaltung in der CDU-Zentrale zeigt der Google-Manager Philipp Schindler (rechts) der Kanzlerin, was mit der Anwendung Google-Earth und ein paar Flachbildschirmen heutzutage alles möglich ist.
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In ihrer Argumentation ziehen die Befürworter einer anonymen Kontaktaufnahme einen Vergleich zwischen den mittlerweile üblichen Umgangsformen im Alltag und dem Verhalten im Internet: Auch in der Realität würden sich Menschen zunächst ohne Namensnennung begegnen und erst dann einander dann vorstellen, "wenn sie selbst es für geboten halten".
Auslöser für die Bedenken gegen eine obligatorische Verwendung von Klarnamen ist offenbar die Gefahr eines möglichen Missbrauchs durch Dritte. Ein Pseudonym biete den Bürgern in totalitären Staaten Schutz vor Repressionen, heißt es in dem Brief. Damit verweisen die Unterzeichner auf die rasant angewachsene Bedeutung der für die allgemeine politische Meinungsbildung.
Der Austausch von Nachrichten über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter hatte bei den Umstürzen in Tunesien und vor allem in Ägypten nach Ansicht von Experten nicht unwesentlich zum demokratischen Aufbruch in der arabischen Welt beigetragen. Auch in Europa ist die Frage der Anonymität im Netz von praktischer politischer Bedeutung, zum Beispiel im Kontakt mit regimekritischen Internetnutzern in .
Die Unterzeichner erinnern Google zudem an das deutsche Telemediengesetz (TMG), wonach die Nutzung von Internet-Diensten "grundsätzlich nicht an die Verwendung des echten Namens und auch nicht an einen Rufnamen gekoppelt sein soll, sondern pseudonym zu ermöglichen ist".
"Pseudonym muss sein"
Der Offene Brief geht auf eine Initiative des Hamburger Unternehmers Christoph Kappes zurück. Zu den Erstunterzeichnern gehören die Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär (CSU), Peter Tauber (CDU), Manuel Höferlin (FDP), Jimmy Schulz (FDP), Lars Klingbeil (SPD) und Konstantin von Notz (Grüne) sowie Internet-Unternehmer wie Xing-Gründer Lars Hinrich und Fachjournalisten wie Christiane Schulzki-Haddouti, Jürgen Kuri oder Peter Glaser. An dem Appell beteiligt sind auch netzpolitische Aktivisten wie Markus Beckedahl oder Sascha Lobo. Ihr Schreiben an Google-Deutschland-Chef Schindler haben die Unterzeichner im Internet unter dem Titel "Pseudonym muss sein" veröffentlicht.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa