"Polit-Stalker" und "sprechende Leiche" Grillo stößt Bersani vor den Kopf
27.02.2013, 16:29 Uhr
Beppe Grillo gibt sich wenig kooperativ.
(Foto: dpa)
Linkspolitiker Bersani darf sich Hoffnungen machen, in Italien mit der Bildung einer Regierung beauftragt zu werden. Doch dazu braucht er einen Partner, und die Suche gestaltet sich schwierig. Seine erste Wahl ist der Protestpolitiker Grillo. Doch der weist die Offerte brüsk zurück.
Nach dem knappen Wahlausgang in Italien zeichnet sich noch immer keine Lösung für eine Regierungsbildung ab. Der linke Spitzenkandidat Pier Luigi Bersani steht in den Startlöchern und denkt über Koalitionspartner nach. Allerdings handelte er sich bei einem ersten Annäherungsversuch an die populistische Protestbewegung 5 Sterne des Komikers Beppe Grillo sofort eine deftige Abfuhr ein. Die Anti-Establishment-Bewegung ist der eigentliche Wahlsieger, sie wurde auf Anhieb stärkste Partei im Abgeordnetenhaus.
Grillo twitterte, Bersani sei ein "politischer Stalker" und eine "sprechende Leiche". Er sollte zurücktreten, mache stattdessen aber seiner Bewegung unanständige Angebote, so Grillo weiter. Seine Bewegung werde keiner Partei im Parlament das Vertrauen aussprechen und nur Gesetzen zustimmen, die ihr Programm respektierten. Bersanis Linke hatte im Wahlkampf lange klar geführt, dann allerdings Berlusonis Aufholjagd nichts entgegensetzen können.
Bersani ist zu Zugeständnissen bereit
Bersani bleibt eine weitere Option: Silvio Berlusconi schließt eine große Koalition seines Mitte-Rechts-Bündnisses mit Bersani nicht aus. Im linken Lager gibt es jedoch einigen Widerstand gegen ein Zusammengehen mit dem umstrittenen rechten Berlusconi. Daher war Bersani zunächst auf Grillo zugegangen.
Bersani will sich mit einem Programm dem Parlament stellen, das dem von Grillos Bewegung ähnelt. So fordert er eine saubere und moralische Politik sowie soziale Maßnahmen in der Krise. Nach Angaben seiner Demokratischen Partei (PD) will er mit fünf bis sechs Vorschlägen ins Parlament gehen und dazu die Vertrauensfrage stellen. Priorität haben für Bersani die Reform des Wahlgesetzes und eine Verringerung der Zahl der Parlamentarier. Die Linke hatte bei den Parlamentswahlen knapp gewonnen, im umkämpften Senat hat jedoch kein Lager eine Mehrheit.
Linke Siege bei den Regionalwahlen
Nun liegt es an Staatspräsident Giorgio Napolitano, in der nächsten Zeit nach Konsultationen einen Regierungsauftrag zu erteilen. Die italienischen Medien zitierten den Staatschef, der in diesen Tagen in Deutschland ist, mit der optimistischen Aussage, die Situation sei in der Tat kompliziert, man werde sie aber meistern.
Bei den inzwischen auch ausgezählten drei Regionalwahlen gab es zwei linke Siege und einen der Rechten. In der Lombardei setzte sich Berlusconis Bündnispartner Roberto Maroni von der Lega Nord durch. In Latium und Molise hingegen fuhr die Linke klare Siege ein.
Dem Schuldenland blieb der befürchtete Rückschlag am Anleihemarkt vorerst erspart. Trotz drohenden politischen Stillstands konnte das Euro-Schwergewicht Italien am Mittwoch wie geplant 6,5 Milliarden Euro bei Investoren einsammeln. Das geht aus Angaben der italienischen Schuldenagentur hervor. Die Versteigerung fünf- und zehnjähriger Papiere spülte das angepeilte Maximalvolumen in die Staatskasse. Die Zinsen zogen jedoch spürbar auf den höchsten Stand seit Oktober an.
Quelle: ntv.de, jog/dpa