"Türkei ist nicht Iran" Großdemo gegen das Kopftuch
02.02.2008, 14:34 UhrZehntausende Türken haben in Ankara gegen Pläne der konservativen Regierung protestiert, das Kopftuchverbot zumindest an den Hochschulen des Landes abzuschaffen. Unter den Demonstranten, die Schilder mit Aufschriften wie "Die Türkei ist nicht der Iran" trugen, waren auch zahlreiche Frauengruppen.
Das Kopftuchverbot gilt der laizistischen Opposition als ein Symbol für die von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk verfügte Trennung von Staat und Religion in der Türkei. Eine Aufhebung kommt aus ihrer Sicht einer Islamisierung gleich.
Mehrheit im Parlament ist sicher
Die Regierungspartei AKP hatte am vergangenen Dienstag eine Vorlage zur Abschaffung des Kopftuchverbots in das Parlament eingebracht. Über die dafür erforderlichen Verfassungsänderungen soll im Laufe der Woche abgestimmt werden. Eine parlamentarische Mehrheit gilt als sicher, weil die AKP in dieser Frage von der nationalistischen Oppositionspartei MHP unterstützt wird. Beide Parteien verfügen im Parlament von Ankara über 410 von 550 Mandaten.
AKP und MHP hatten sich darauf verständigt, nur Kopftücher zu erlauben, die das Gesicht frei lassen. Tücher, die Teile des Gesichts bedecken, sollen auch weiterhin verboten bleiben. Dem Regierungsvorschlag zufolge dürfen Lehrerinnen und Mitarbeiterinnen öffentlicher Dienststellen weiterhin nur ohne Kopftuch arbeiten.
Die Aufhebung des Kopftuchverbotes gehört zu den politischen Versprechen der seit mehr als fünf Jahren regierenden AKP. Führende Politiker der Partei argumentieren, dass das Tragen des "Türban", des streng islamisch gebundenen Kopftuchs, zu den Grundrechten gehöre. Kritiker warnen, bei einem Ende des Verbotes werde der Druck auf alle Frauen steigen, das Kopftuch anzulegen.
Babacan spielt die EU-Karte
Nach Ansicht des türkischen Außenministers Ali Babacan muss die Türkei das Kopftuch-Verbot an Universitäten aufheben, um den angestrebten EU-Beitritt nicht zu gefährden. Die EU hat die Türkei dazu aufgefordert, mehr Meinungsfreiheit zuzulassen und Minderheiten mehr Rechte zuzugestehen. In der Kopftuch-Frage hat sie aber keine explizite Stellung bezogen. In Frankreich, wie auch an einigen niederländischen Universitäten dürfen Frauen keine Kopftücher tragen, in Großbritannien und vielen anderen EU-Staaten sind Kopftücher im Hinblick auf die Freiheiten der Bürger erlaubt.
Quelle: ntv.de