Neues AKW-Gutachten Große Schwachstellen in Biblis
27.09.2010, 23:10 UhrVeraltete Materialien, mangelhafte Notstandssysteme oder Probleme beim Schutz vor Naturkatastrophen: Die Liste der Defizite im Atomkraftwerk Biblis soll lang und beunruhigend sein. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung. Der Betreiber RWE dagegen erklärt: "Biblis ist sicher."

Biblis B ist bereits seit 1976 am Netz.
(Foto: dpa)
Das hessische Atomkraftwerk Biblis B hat nach einem neuen Gutachten gravierende Schwachstellen. Dazu gehörten Mängel im Notstandssystem oder beim Schutz gegen Erdbeben und Überflutungen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf ein unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Auch seien mittlerweile viele Materialien veraltet, beispielsweise Kabel aus PVC oder Rohrleitungen mit anfälligen Schweißnähten.
Der Tenor der 336 Seiten dicken Studie: In zahlreichen Punkten entspricht der Atommeiler nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Um dies zu erreichen, müsste er aufwendig nachgerüstet werden. So könnte in dem Atomkraftwerk laut den Ergebnissen der Studie eine "anlageninterne Überflutung", etwa durch ein geplatztes Rohr, dazu führen, dass "alle vier Aggregate des nuklearen Zwischenkühlsystems ausfallen".
80 von 210 Vorwürfen
Das Gutachten des Darmstädter Öko-Instituts sollte laut Zeitungsbericht klären, inwieweit Vorwürfe der Ärzteorganisation IPPNW berechtigt sind, nach denen Biblis insgesamt 210 sicherheitstechnische Defizite aufweist. Die Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass zwar nicht alle 210 Vorwürfe haltbar sind. Mindestens 80 dieser Defizite seien aber sicherheitstechnisch relevant, berichtet die Zeitung.
Das Umweltministerium in Wiesbaden teilte der SZ mit: "Wir haben die Vorwürfe bereits geprüft, können aber keine sicherheitsrelevanten Defizite feststellen." Der Betreiber RWE erklärte: "Biblis ist sicher." Biblis B ist seit 1976 am Netz und damit eines der ältesten deutschen Kernkraftwerke. Ursprünglich hätte es Anfang 2012 abgeschaltet werden sollen. Das Bundeskabinett will an diesem Dienstag eine Laufzeit-Verlängerung bis 2020 beschließen.
Quelle: ntv.de, dpa