Tauziehen um Stuttgart 21 beendet Grün-Rot hört auf des Volkes Wille
20.04.2011, 18:41 UhrDie Menschen im Ländle sollen in einem Volksentscheid über den umstrittenen Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs entscheiden. Darauf einigen sich Grüne und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen. Die Grünen fürchten, die Volksbefragung zu verlieren und hoffen auf den "Stresstest" der Bahn. Nur eine Kostensteigerung könnte das Projekt jetzt noch verhindern.

Winfried Kretschmann (l, Grüne) und SPD-Landeschef Nils Schmid wollte die Koalition unter keinen Umständen platzen lassen.
(Foto: dpa)
Grüne und SPD haben sich nach wochenlangem Tauziehen auf einen Volksentscheid über das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 geeinigt. Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in Stuttgart, die künftigen Koalitionspartner hätten sich auf eine gemeinsame Haltung verständigt. "Dazu befürworten beide Parteien die Durchführung einer Volksabstimmung." Der Grünen-Politiker versicherte: "Wenn es ein Ergebnis gibt, dass zum Beispiel Stuttgart 21 gebaut werden soll, werden wir uns an so ein Ergebnis halten."
SPD-Landeschef Nils Schmid kündigte an, die Bürger in Baden-Württemberg sollten im Oktober nur über den Finanzierungsanteil des Landes am Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation entscheiden. Die geplante Neubaustrecke nach Ulm soll ausgeklammert werden.
Grüne und SPD sind Kretschmann zufolge nicht bereit, eine mögliche Kostensteigerung bei dem Bahnprojekt mitzutragen. Sollte der Stresstest für den geplanten Bahnhof ergeben, dass kostspielige Nachbesserungen nötig sind, werde die neue Landesregierung kein neues Geld dafür geben, sagte der künftige Regierungschef.
Keine Chance in Volksabstimmung?
Hintergrund des Streits war, dass sich nach Landesrecht in einem Volksentscheid ein Drittel der Wahlberechtigten gegen das Projekt aussprechen müsste, um es zu kippen. Das wären rund 2,4 Millionen Wähler. Die Grünen kamen bei den Landtagswahlen Ende März aber nur auf rund 1,5 Millionen Stimmen. Sie suchten nach Angaben Kretschmanns nach einem "fairen Verfahren", um ihr Versprechen eines Baustopps einhalten zu können.
Kretschmann hofft, dass der von der Deutschen Bahn geplante Stresstest zur Leistungsfähigkeit des unterirdischen Bahnhofs eine Lösung bringen könnte. Der für Juni anvisierte Test soll in einer Computersimulation zeigen, ob die Kapazität des geplanten unterirdischen Bahnhofs auch in Stoßzeiten ausreicht oder ob weitere Millionenbeträge etwa für zusätzliche Gleise nötig sind. Die Bahn hatte sich im Vertrag zu dem Projekt auf maximale Kosten von rund 4,5 Milliarden Euro für den Bahnhofsumbau festgelegt. Zusätzliche Kosten würden also den Ausstieg aus dem Projekt für alle Beteiligten ermöglichen.
Quelle: ntv.de, AFP