Politik

"Verarbeitetes Fleisch kennzeichnen" Grüne fordern Mitteilungspflicht

Auch im Landeslabor Berlin-Brandenburg werden Fleischproben auf Anteile von Pferdefleisch untersucht.

Auch im Landeslabor Berlin-Brandenburg werden Fleischproben auf Anteile von Pferdefleisch untersucht.

(Foto: dpa)

"Ross und Reiter müssen genannt werden", sagt Grünen-Fraktionschefin Künsat und fordert eine Mitteilungspflicht für die Lebensmittelbranche. Die sollte endlich auch Täuschungsfälle ohne Gesundheitsgefahr melden müssen. Derweil reagieren weitere Lebensmittelketten auf die Funde von Pferdefleisch in Tiefkühlkost.

Im Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch haben die Grünen eine Mitteilungspflicht für die Lebensmittelbranche gefordert. Auch reine Täuschungsfälle müssten künftig gemeldet werden, sagte Fraktionschefin Renate Künast der "Passauer Neuen Presse". Nach mehreren anderen Supermarktketten nahm derweil auch der Discounter Aldi Süd ein Fertiggericht aus dem Verkauf, weil darin Pferdefleisch gefunden wurde.

Mehrere Lebensmittelketten haben inzwischen Produkte aus dem Verkauf genommen.

Mehrere Lebensmittelketten haben inzwischen Produkte aus dem Verkauf genommen.

(Foto: dpa)

"Verarbeitetes Fleisch muss endlich gekennzeichnet werden und die Kennzeichnung muss die Aufzucht- und Mastbetriebe genau benennen", sagte Künast weiter. Derzeit müssten Fälle, in denen es keine Gesundheitsgefahr gebe, von Unternehmen nicht gemeldet werden und Behörden dürften sie auch nicht veröffentlichen. Das dürfe so nicht bleiben: "Ross und Reiter müssen genannt werden, sobald Etikettenschwindel betrieben wird", sagte Künast.

Um Lebensmittelskandale künftig zu verhindern, wünscht sich Künast ein Internetportal der Lebensmittelwirtschaft, in dem sie ihre Kontrollen dokumentieren. "Verdachtsfälle sollten dort transparent gemacht werden. Das ist im digitalen Zeitalter die einfachste und kostengünstigste Variante", schlägt die Grünen-Politikerin vor, die die Lebensmittelwirtschaft in der Bringschuld sieht.

Fünf von sechs Proben betroffen

Nachdem bei Aldi Süd in als Rindergulasch deklarierten Konserven Pferdefleisch nachgewiesen worden sei, sei ein Rückruf des Fertiggerichts eingeleitet worden, sagte die brandenburgische Umweltministerin Anita Tack von den Linken im RBB.

Zuvor hatten in Deutschland bereits Edeka, Real, Rewe und Kaiser's Tengelmann sowie der Tiefkühl-Heimservice Eismann Lasagne-Produkte aus dem Handel genommen. Die Billigsupermarktkette Lidl stoppte den Verkauf von Rindfleisch-Tortelloni der Eigenmarke Combino, nachdem Kontrolleure in Österreich darin Anteile von Pferdefleisch gefunden hatten. Der Hersteller Hilcona erklärte, er verarbeite selbst kein Frischfleisch, sondern beziehe dieses von Lieferanten. Daher müsse es sich "um eine fehlerhaft deklarierte und gelieferte Rohware des Lieferanten handeln".

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wies in fünf von sechs Proben Tiefkühllasagne die DNA von Pferdefleisch nach. In einer Mitteilung hieß es, die Proben stammten aus dem bayerischen Zentrallager eines Vertreibers von Tiefkühlprodukten mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Der Hersteller habe die Produkte bereits vorsorglich zurückgenommen. In den Jahren 2010 bis 2013 wurden den Angaben zufolge am LGL rund 600 Untersuchungen auf nicht deklariertes Pferdefleisch vorgenommen. In keinem Fall sei Pferdefleisch nachgewiesen worden, hieß es.

EU plant massenhafte DNA-Tests

Der deutsche Lebensmittelhandel sah bei sich keine Versäumnisse und wies Vorwürfe der Intransparenz zurück. Die Branche sei ihrer Sorgfaltspflicht "umgehend" nachgekommen, erklärte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVL).

In Brüssel wurde derweil ein Aktionsplan verabschiedet, wonach die EU mit DNA-Tests bei Fertiggerichten mit Rindfleisch den Pferdefleisch-Skandal aufklären will. Demnach sollen EU-weit 2250 Proben einem DNA-Test unterzogen werden, etwa zehn bis 150 pro Mitgliedsland. Die EU-Kommission übernimmt einen Anteil der Kosten an den Untersuchungen, die bis spätestens Ende März abgeschlossen sein sollen. Getestet werden nach Angaben der EU-Kommission vor allem Fleischprodukte im Einzelhandel.

Vorgesehen sind auch Kontrollen auf das für den Menschen womöglich gefährliche Tiermedikament Phenylbutazon. Die Arzneimittelkommission Deutscher Apotheker warnte vor Phenylbutazon. "Es ist ein stark wirksames Mittel gegen Entzündungen im Körper und keinesfalls total unproblematisch", sagte die Expertin Petra Zagermann-Muncke. Als Nebenwirkungen seien schwere allergische Reaktionen - Hautausschläge oder Asthma - oder Blutbildschäden möglich, auch unabhängig von der Dosis. Phenylbutazon wird bei Pferden als Dopingmittel verwendet.

Auch in vielen anderen europäischen Ländern wurden in den vergangenen Tagen Spuren von Pferdefleisch in Fertiggerichten entdeckt, die eigentlich Rindfleisch enthalten sollten. Ins Rollen gekommen war der Skandal nach entsprechenden Funden in Fertig-Lasagne in Großbritannien.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen