Widerstand gegen BKA-Gesetz Grüne klagen in Karlsruhe
06.11.2008, 17:25 UhrDie Einigung der Großen Koalition über Einzelheiten des BKA-Gesetzes ist von der Opposition, Medienverbänden und der Internetwirtschaft heftig kritisiert worden. FDP, Linke und Grüne befürchten eine Beschneidung von Bürgerrechten. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast kündigte eine Verfassungsklage in Karlsruhe an. Die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem "rechtsstaatlich absolut unzureichenden Ergebnis". Die SPD verteidigte das geplante Gesetz als "bestes Polizeigesetz" Deutschlands.
Union und SPD hatten am Mittwoch nach monatelangen Kontroversen die letzten noch offenen Streitfragen bei den neuen Befugnissen für das Bundeskriminalamt (BKA) zur Terrorbekämpfung beigelegt. Der Bundestag soll das BKA-Gesetz voraussichtlich am kommenden Mittwoch verabschieden.
Befristung "eine Farce"
Die frühere Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger nannte die geplante Befristung der Online-Durchsuchung von Computern bis 2020 "eine Farce". Eine zwölfjährige Frist sei viel zu lang, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Dann kann man gleich ganz auf eine Befristung verzichten." Sie kritisierte auch, dass das BKA in dringenden Fällen zunächst ohne Richterbeschluss Computer anzapfen dürfen soll.
Der Fraktionsvize der Linken, Wolfgang Neskovic, sprach von einem "rechtsstaatlichen Desaster". Daran änderten auch die "Minimalkorrekturen" nichts. Das Gesetz werte das BKA zu einer "Spitzelzentrale" auf, "die alles weiß und alles darf: Wohnungen verwanzen und Computer ausspähen, Menschen verhören und in Gewahrsam nehmen". Resultat sei die "totale Überwachung des Bürgers".
Künast kündigte an, wenn die Regierung immer wieder "den Kern der Freiheitsrechte verletzt, dann müssen wir nach Karlsruhe". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, nannte die geplante Online-Durchsuchung "verfassungswidrig". Es handele sich um "weiteren dramatischen Abbau der Bürgerrechte in unserem Land".
"Das beste Polizeigesetz"
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz wies die Kritik der Oppositionsparteien zurück. "Es ist das beste Polizeigesetz, das wir in Deutschland haben", sagte er der "Zeit". "Es war vorher schon gut, jetzt ist es sehr gut". Zur Kritik von Experten, das BKA-Gesetz führe zu gefährlichen Überschneidungen mit Kompetenzen von Länderbehörden, sagte Wiefelspütz: "Überschneidungen sind unausweichlich, wenn man dem Bund Kompetenzen gibt." Im Kampf gegen grenzüberschreitenden Terrorismus gebe es aber "keine Alternative".
Der Presserat kritisierte, Journalisten würden als "Berufsgeheimnisträger" nicht ausreichend geschützt. "Ihre Rolle als Kontrollorgan kann die Presse nur ausüben, wenn sie ihren Quellen einen effektiven Schutz zusichern kann", sagte der Sprecher des freiwilligen Selbstkontrollorgans der deutschen Printmedien, Manfred Protze.
Der Verband der Internetwirtschaft sieht das Vertrauen in das Internet und die Akzeptanz des Netzes in Gefahr, sollte der Staat über das Internet in die Privatsphäre eindringen können. Die Deutsche Polizei-Gewerkschaft (DPolG) nannte das Gesetz einen "faulen Kompromiss", der vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern werde.
Quelle: ntv.de