Zuwanderungsdebatte Grüne unter Druck
11.02.2002, 10:42 UhrIn der Zuwanderungs-Debatte wächst der Druck auf die Grünen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hat den grünen Koalitionspartner erneut aufgefordert, im Streit um das Zuwanderungsgesetz kompromissbereit zu sein.
"Jeder muss bereit sein, sich zu bewegen", sagte Wiefelspütz der "Berliner Morgenpost". Die SPD wolle "alles Zumutbare" tun, um das Gesetz vor der Bundestagswahl zu verabschieden. SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte die Grünen bereits am Wochenende davor gewarnt, weiter auf Maximalforderungen zu bestehen.
In der "Bild"-Zeitung kündigte Unions-Fraktionschef Friedrich Merz an, die Neuregelung der Zuwanderung zum Wahlkampfthema zu machen, falls es nicht bald zum Kompromiss mit der SPD kommt. Er forderte Innenminister Otto Schily (SPD) auf, "endlich geänderte Texte" vorzulegen, sonst werde es keinen Kompromiss geben.
Schröder will Gesetz vor der Wahl
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigte in einem Gespräch mit dem "Handelsblatt", das Zuwanderungsgesetz solle noch vor der Bundestagswahl am 22. September verabschiedet werden. Das Gesetz solle den Erfordernissen der Wirtschaft ebenso gerecht werden wie Deutschlands humanitären Verpflichtungen, sagte Schröder.
Das Bundesinnenministerium erklärte, eine schnellen Einigung sei nicht zu erwarten. "Wenn Sie sich die politischen Vorgänge der letzten Jahre und Jahrzehnte vor Augen führen, dann gibt es sicher den Erfahrungsschatz dass Kompromisse in derart hart umstrittenen Themenfeldern erst relativ kurz vor Ultimo geschlossen werden", erklärte ein Sprecher Schilys.
Grünen-Taktik
Der Grünen-Innenexperte Cem Özdemir sieht indes die Union immer mehr unter Druck, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Rot-Grün habe einen guten Gesetzesentwurf vorgelegt, der einen Kompromiss beinhalte und zu 80 Prozent Unionspositionen aufgenommen habe. Die Union habe nun das Problem, dass "sie der Öffentlichkeit nicht erklären kann, warum sie einem vernünftigen Gesetz nicht zur Mehrheit verhilft", sagte Özdemir im DeutschlandRadio Berlin.
Özdemir hofft jedoch, dass das Zuwanderungsgesetz mit den Stimmen von Brandenburg und Bremen den Bundesrat passieren kann. "Ich sehe die Chance, dass wir in die Länder mit einer Großen Koalition noch Bewegung bekommen, und dass wir dort noch kurz vor Toresschluss einen Einigungsprozess hinbekommen". Das Zeitfenster für einen Kompromiss werde jedoch immer kleiner.
Partei-Chefin Claudia Roth hatte erklärt, ein Zuwanderungsgesetz ohne Zuwanderung sei mit ihrer Partei nicht zu machen. Der vorliegende rot-grüne Gesetzentwurf sei bereits ein Kompromiss, auf dessen Basis verhandelt werden müsse, sagte sie. Roth appellierte an die SPD, die Koalition nicht auseinander dividieren zu lassen. "Die SPD sollte auch nicht vergessen, dass es die Union war, die mit totaler Blockade das Zustandekommen eines modernen zukunftsfähigen Zuwanderungsgesetzes verhindert hat ".
Quelle: ntv.de