Zwischen Obrigheim und Koalition Grünen-Parteitag in Bremen
17.10.2002, 21:05 UhrKurz vor dem Parteitag der Grünen in Bremen deuten sich harte Auseinandersetzungen zwischen Basis und Spitze über den Kompromiss zum Atomkraftwerk Obrigheim an. Der Streit um Obrigheim hatte die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen schwer belastet.
Das älteste deutsche Atomkraftwerk sollte ursprünglich Anfang 2003 abgeschaltet werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte dem Betreiber, Energie Baden-Württemberg (EnBW), eine zusätzliche Laufzeit von 5,5 Jahren zugestanden. Nach als hart beschriebenen Verhandlungen in der Koalition wurde die Verlängerung der Restlaufzeit auf zwei Jahre gesenkt. Nach Aussagen von Grünen-Chef Fritz Kuhn war dies die "schwerste Entscheidung, der ich je politisch zugestimmt habe ". Die Grünen hätten den Kompromiss aber eingehen müssen, "die Koalition hing zu diesem Zeitpunkt bereits über dem Abgrund".
Für den Parteitag hatten sechs Grünen-Landesverbände angekündigt, dem Koalitionsvertrag zwar zuzustimmen, aber mit einem gemeinsamen Antrag gegen den Obrigheim-Kompromiss. Ein schon länger vorliegender Antrag verlangte, die Stilllegung von Obrigheim zum Bestandteil des Koalitionsvertrags zu machen.
"Die ist ein Umgang mit dem Koalitionspartner, den wir nicht akzeptieren können, und der sich nicht wiederholen darf", heißt es in einem Antrag mehrerer Landesverbände an den Parteitag. Die "volle und alleinige Verantwortung" für die Fristenverlängerung liege beim Kanzler. Er habe von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und müsse nun sicherstellen, dass Obrigheim "innerhalb dieser Legislaturperiode" abgestellt wird.
Die Kritik an der eigenen Parteiführung fiel in dem Antrag dagegen moderat aus. "Wir sind uns bewusst, dass unsere Verhandlungsdelegation alles Erdenkliche unternommen hat, den Kanzler von seiner Zusage abzubringen." Der baden-württembergische Landeschef der Grünen, Andreas Braun, bezeichnete den Antrag am Donnerstagabend als "mehrheitsfähig". Nach Ansicht der Landesverbände von Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Niedersachsen sowie der nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten Michaele Hustedt gibt es "keinen Grund, einer Übertragung von Strommengen auf das AKW Obrigheim zuzustimmen".
Quelle: ntv.de