Urwahl ist beschlossen Grüner Wahlkampf beginnt
02.09.2012, 16:01 Uhr
Kandidaten Claudia Roth und Jürgen Trittin
(Foto: dpa)
Die grüne Basis wird ihre Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2013 selbst bestimmen. Vier aussichtsreiche Kandidaten gibt es, die nun vor einer schwierigen Aufgabe stehen: Jeder muss für sich selbst werben, gleichzeitig wollen sie als Partei geschlossen wirken. In Berlin versucht jeder der vier seine ganz persönliche Gratwanderung.
Bescheidenheit ist nicht gerade eine Zier auf Parteitagen. So stellen die Grünen die in eigener Sache als historisches Novum dar – Maßstäbe wollen sie setzen. Wie aber wird der Kampf bei den Grünen um die zwei Spitzenplätze für die Bundestagswahl aussehen? Auf ihrem kleinen Parteitag geben die vier prominenten Anwärter einen Vorgeschmack – und bemühen sich trotz grundsätzlicher Einigkeit, Unterschiede in Stil und Positionen herauszustellen.
Gewohnt kämpferisch und deftig zieht Parteichefin Claudia Roth gegen Union und FDP zu Felde, spricht von Falschmünzern und Hütchenspielern, von der "Klimakanzlerin a.D." Angela Merkel. "Deshalb sind wir die Alternative in Form und im Inhalt."

Kandidatin Renate Künast
(Foto: dpa)
nimmt sich Entwicklungsminister Dirk Niebel als "Teppichluder" vor, auch wenn die Teppichaffäre des FDP-Politikers schon etwas zurückliegt. Er versucht es mit einer Mischung aus demonstrierter Sachkenntnis und großen Worten, um sich und die Grünen als Vorreiter bei der Energiewende erscheinen zu lassen.
Die macht einen Rundumschlag bei ihren Leib-und-Magen-Themen Entwicklung, Agrar und Umwelt. "Urwälder werden gerodet und Palmölplantagen angelegt", wettert sie. Auch die Regierung sei schuld. Und: "Die Blockadehaltung unserer Bundesregierung gegen die EU-Agrarreform muss beendet werden."
Soweit bringt das Schaulaufen wenige Überraschungen. Am ehesten aufhorchen lässt : Erst ließ sie sich lange bitten von ihren Fans bei den Grünen-Realos, dann wollte sie die Urwahl nicht, sondern Teil eines Spitzenteams sein. Wie will sie sich nun profilieren? Als Verfechterin des Sozialen und Solidarischen – auch gegen immer höhere Strompreise. "Energiewende – das heißt auch solidarisch zusammenhalten", sagt Göring-Eckardt. Subventionsabbau zulasten der Industrie solle der Großmutter von nebenan und jungen Familien zugutekommen.
Von den beiden der Bewerberriege ist auf dem Länderrat nichts zu hören.
Auch Inhalte werden an der Basis entschieden
Bis zum 16. September können sich auch weitere Kandidaten melden. Die Urwahl dürfte ein Riesenrummel werden. In mehr als einem Dutzend Veranstaltungen in den Ländern sollen sich die Kandidaten den 60.000 Mitgliedern präsentieren – bis 10. November soll klar werden: Wird Trittin erwartungsgemäß mit einer der Frauen zusammen an der Spitze Wahlkampf machen – oder hat er doch das Nachsehen, und es wird ein Duo aus zwei Bewerberinnen? Es geht auch darum, wer im Fall eines rot-grünen Wahlsiegs 2013 am ehesten auf einem Ministersessel Platz nehmen darf.
Nach einer Forsa-Umfrage unter Grünen-Mitgliedern hat Künast gute Chancen vor Roth und erst danach Göring-Eckardt. Vergessen scheint, dass Künast in Berlin daran scheiterte, Klaus Wowereit (SPD) vom Chefsessel der Landesregierung zu stoßen.
Monatelang hatten sich die Grünen gefetzt – viele in den Ländern wollten die Urwahl vermeiden und drängten die Führungsleute, sich zu einigen. Dazu kam es nicht. Jetzt stellen die Betroffenen die Mitgliederbefragung als Chance heraus – für mehr Mobilisierung in den eigenen Reihen oder für ein Zeichen für mehr Basisdemokratie in Deutschland gar.
Wem das bei den Grünen nicht reicht, muss nicht enttäuscht sein – denn auch die zehn wichtigsten Themen für den Wahlkampf soll die Basis aus einer Liste von rund 30 Punkten aussuchen. Im Juni 2013 sind dafür bundesweit Mitgliederversammlungen geplant.
Quelle: ntv.de, Basil Wegener, dpa